130 000 neue Impftermine - aber der Impfstoff ist noch knapp

Bisher ist die Nachfrage nach Impfungen immer größer gewesen als das
Angebot. Daran wird sich so schnell nichts ändern. Immerhin sind in
den Impfzentren viele zusätzliche Termine buchbar.

Berlin (dpa/bb) - Für die Corona-Schutzimpfung gilt seit Montag keine
Beschränkung auf bestimmte Risikogruppen mehr. Jeder ab zwölf Jahre
darf sich impfen lassen, wenn er das möchte. Die Impfreihenfolge ist
aufgehoben worden. Also einfach Termin buchen und impfen lassen? In
den meisten Fällen wird das noch etwas dauern. Denn sowohl die
Kassenärztliche Vereinigung Berlin als auch die Gesundheitsverwaltung
weisen darauf hin, dass Impfstoffe weiter knapp sind. Immerhin sind
den Angaben zufolge rund 130 000 zusätzliche Erstimpfungstermine
freigeschaltet worden.

Tatsächlich konnten am Montag über die Telefon-Hotline Termine für
Impfungen mit Moderna für Anfang Juli und mit Biontech-Pfizer für die
zweite Juliwoche gebucht werden. Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci
(SPD) sagte: «Besser wäre natürlich, wenn es mit mehr Impfstoff
einherginge. So eröffnen sich nur begrenzte Spielräume für
Impfangebote in den Impfzentren.»

Auch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin sieht nicht, dass
sich mit der Aufhebung der Impfpriorisierung nun plötzlich alles zum
Besseren entwickeln würde. Sie rechnet vor allem mit ständig
klingelnden Telefonen in den Arztpraxen. «Der Ansturm wird nicht
weniger», sagte KV-Sprecherin Dörte Arnold am Montag mit Blick auf
Patientinnen und Patienten, die sich telefonisch oder per E-Mail
melden und nach einem Impftermin fragen. Er sei schon in den
vergangenen beiden Wochen gewaltig gewesen. «Es war heftig, und es
wird mit großer Sicherheit heftig bleiben», sagte Arnold.

Exakte Zahlen zur Entwicklung der Nachfrage nach Impfterminen liegen
der KV nicht vor. «Wir bekommen aber Feedback aus einzelnen Praxen»,
so die KV-Sprecherin. Dort sei nicht damit zu rechnen, dass für alle,
die das möchten, kurzfristig ein Impftermin vereinbart werden könne.
Arnold wies darauf hin, dass nach wie vor zu wenig Impfstoff zur
Verfügung stehe. «Außerdem werden jetzt Impfdosen für die
Zweitimpfungen und für die Betriebsärzte zurückgehalten.» Beim Impf
en
in den Arztpraxen gehe es deshalb derzeit nur mit angezogener
Handbremse vorwärts.

Berlin soll nach Angaben der Gesundheitsverwaltung von Montag Ende
Juni zwar zusätzlichen Biontech-Impfstoff als Ausgleich für die
Lieferungen bekommen, die an Grenzregionen wie zum Beispiel in Bayern
gehen. Um dieselbe Zeit sei aber auch eine Kürzung ursprünglich
angekündigter Biontech-Lieferungen vorgesehen. Unterm Strich sei
damit nicht mehr Impfstoff zu erwarten.

Nach dem Corona-Lagebericht der Gesundheitsverwaltung hat es in
Berlin bisher rund 2 391 750 Impfungen gegeben, bei den Erstimpfungen
liegt die Impfquote bei 44,8 Prozent, eine vollständige Impfung haben
20,3 Prozent der Menschen in Berlin erhalten.

Trotz deutlich gesunkener Corona-Ansteckungszahlen lehnt Kalayci
weitere umfassende Lockerungen der Corona-Regeln in der nächsten Zeit
ab, etwa bei der Abstands- und Maskenpflicht in vielen Bereichen. So
lange der Inzidenzwert noch zweistellig und die entsprechende Ampel
gelb sei, müsse man vorsichtig sein, sagte sie im
Gesundheitsausschuss. Zuerst müsse man sehen, wie sich die aktuellen
Lockerungen auswirkten. «Ziel muss sein, einstellig zu werden.»
Kleine Lockerungen seien im Stufenplan bereits für den 18. Juni
vorgesehen.

Kalayci betonte, die Abstands- und Maskenregeln müssten bleiben. «Wir
können viel lockern, wir können viele Regeln wieder abschaffen,
vieles auch ermöglichen. Aber AHA-Regeln sind das, was noch bleiben
sollte. Das ist nun mal Abstand, das ist nun mal das Thema Masken
tragen, weil das Virus noch Zirkulationsraum hat, wir haben noch
nicht die Herdenimmunität.»

Die Sieben-Tage-Inzidenz lag am Montag bei 26,5. Die Zahl gibt an,
wie viele Menschen pro 100 000 Einwohner sich in den vergangenen
sieben Tagen neu mit dem Coronavirus infiziert haben. Unter 20 wird
die Ampel wieder grün.

Den Betrug mancher Corona-Teststellen bezeichnete Kalayci als
«Skandal». Man arbeite «sehr intensiv» mit der Polizei zusammen. Au
ch
die Gesundheitsämter und Ordnungsämter und der Zoll seien einbezogen.
Allen konkreten Hinweisen werde nachgegangen. Inzwischen gebe es
knapp 1600 Teststellen. Weitere Stellen würden derzeit nicht mehr
genehmigt. 6,9 Millionen Tests seien nach den Angaben der Teststellen
gemacht worden. Ob diese Zahl angesichts der fehlenden Kontrollen
realistisch ist, sagte sie nicht.