Betriebsärzte müssen Impfungen mit kleinen Mengen beginnen

Impfzentren, Hausärzte und jetzt auch die Betriebsärzte. Das Impfen
gegen Corona wird auf deutlich mehr Schultern verteilt. Der Impfstoff
aber bleibt knapp. Ungenaue Lieferdaten und geringe Mengen bereiten
vielerorts Probleme.

Bonn/Dortmund/Rietberg (dpa/lnw) - Ungenaue Lieferdaten und geringe
Impfstoffmengen erschweren den lang ersehnten Impfstart bei vielen
Betriebsärzten in Nordrhein-Westfalen. So richtig losgehen könne es
bei den meisten Betriebsärzten wohl erst an diesem Dienstag, sagte
die Regional-Vorsitzende Nordrhein-Süd im Verband Deutscher Betriebs-
und Werksärzte, Tanja Menting, am Montag. Bei einer Lieferankündigung
im Laufe des Montagnachmittags ohne Uhrzeit könne eine Impfaktion an
dem Tag nicht geplant werden, zumal der Impfstoff von Biontech/Pfizer
vor dem Impfen aufbereitet und dann zügig gespritzt werden müsse.

Der Regional-Vorsitzende Nordrhein-Nord des Verbandes, Thomas Meier,
berichtete von einer kurzfristigen Verschiebung einer Lieferung auf
Dienstag in seinem Bereich. Es sei ein riesiger Ansturm durch die
Beschäftigen auf die wenigen Termine zu erwarten. «Das ist wie bei
den Tickets für ein Madonna-Konzert. In zwei Minuten ist alles weg»,
sagte Meier. Er befürchtet, dass in der kommenden Woche noch weniger
Impfstoff als die rund 100 Impfdosen je Betriebsarzt zur Verfügung
stehen werde, die für diese Woche angekündigt worden seien.

Mit dem Wegfall der Impfpriorisierung an diesem Montag werden die
Betriebsärzte in die bundesweite Impfaktion gegen das Coronavirus
einbezogen. Sie sind die dritte Säule nach den Impfzentren und den
Hausärzten. Allerdings wird es in den NRW-Impfzentren nach bisherigen
Angaben des Landes-Gesundheitsministeriums bis mindestens Mitte Juni
nur Zweitimpfungen geben können. Vertreter der Hausärzte hatten in
den vergangenen Wochen schon vor der am Montag erfolgten Aufhebung
der Impfpriorisierung von einem Ansturm auf die Praxen berichtet.

«Durch den fehlenden Impfstoff stottert auch bei den Betriebsärzten
der Motor, obwohl wir sehr gut vorbereitet sind», verdeutlichte
Regionalverbandschef Meier. Mit sehr hohem Aufwand hätten sich die
Unternehmen und Ärzte darauf vorbereitet. Die sehr geringe Anzahl an
Dosen pro Betriebsarzt und Woche könnte an nur einem oder anderthalb
Tagen verimpft werden. So werde das Impfen in den Betrieben dann
Monate dauern. Um wirklich Tempo bei der Impfaktion zu machen, wären
mindestens 300 oder 400 Impfdosen pro Betriebsarzt und Woche nötig.

Auch Regionalverbandschefin Menting nannte es bedauerlich, dass die
Betriebsärzte beim Start nicht mehr Impfstoff bekämen. In der ersten
Woche sei nur die Mindestmenge von 102 Impfdosen je Betriebsarzt zu
erwarten. «Die Nachfrage ist sehr hoch», betonte sie. Allein die Uni
Bonn habe ein hohes Interesse an der Impfung von 3000 Beschäftigten,
erklärte Menting. Die leitende Betriebsärztin am Uniklikum Bonn
betreut mit dem Zentrum insgesamt über 20 000 Beschäftigte unter
anderem auch an der Uni und in Fremdfirmen arbeitsmedizinisch.

Der Vorsitzende des Regionalverbandes Westfalen-Lippe, Friedemann
Bohlen, berichtete hingegen von höheren Belieferung als ursprünglich
angenommen. Im konkreten Fall hätten zwei Betriebsärzte bestellt und
sie bekämen knapp 600 Impfdosen. Deshalb könnte das Werkarztzentrum,
das über 17 000 Mitarbeiter in kleinen und mittelgroßen Unternehmen
im Kreis Gütersloh betreue, zusätzlich zum Dienstag auch am Freitag
impfen. Nach dem Freischalten der ersten 240 Termine am vergangenen
Mittwoch seien diese innerhalb von 15 Minuten gebucht gewesen. Die
erfolgten Buchungen gingen quer durch die beteiligten Unternehmen.

Ein Sprecher der Deutschen Telekom berichtete am Montag, dass dem
beauftragten medizinischen Dienst zur Impfung von Mitarbeitern
zunächst noch keine genauen Angaben zur zugeteilten Menge vorgelegen
hätten. «Wir gehen aber davon aus, dass gerade zu Beginn der Kampagne
die Impftermine schnell vergriffen sein werden.» Die maximal mögliche
Bestellmenge je Betriebsarzt sei mit 804 Impfdosen festgelegt worden.
«Es war jedoch zu erwarten, dass diese Mengen voraussichtlich nicht
geliefert werden können», erklärte der Sprecher der Telekom.

Der Impfstart für Telekom-Mitarbeiter sei am Mittwoch geplant,
nachdem der Impfstoff am Montagnachmittag über den Großhandel von den
Apotheken an die Betriebsärzte geliefert würde und das online
verfügbare Buchungsportal freigeschaltet sein werde. «Damit möchten
wir einen Beitrag leisten, die Impfgeschwindigkeit zu erhöhen und die
Impfintensität auf weitere Schultern zu verteilen. So können die
Zahlen der Impfungen erhöht werden, bei gleichzeitiger Entlastung der
Impfzentren und Arztpraxen», verdeutlichte der Telekom-Sprecher.

Ein Bayer-Sprecher erklärte, der Chempark-Betreiber Currenta sei mit
der Impfung von Bayer-Beschäftigten an den großen Standorten des
Konzerns in Leverkusen und Dormagen beauftragt worden sei. Dieser
habe zunächst 20 000 Dosen Impfstoff für alle ansässigen Firmen
bestellt, was der Kapazität der drei lokalen Impfzentren an den
Chempark-Standorten Leverkusen, Dormagen sowie Krefeld-Uerdingen für
die erste Woche entspräche. Am Montag seien für die drei
Chempark-Standorte insgesamt 3000 Impfdosen für alle Firmen erwartet
worden. Am Dienstag würden dann die ersten Impfungen beginnen.