Einstige Lepra-Kranke leiden in Japan weiter unter Diskriminierung

Tokio (dpa) - In Japan leiden noch heute einstige Lepra-Kranke unter
gesellschaftlicher Stigmatisierung und Diskriminierung. Nach einer
Erhebung der liberalen japanischen Tageszeitung «Asahi Shimbun» leben
fast 40 Prozent der Bewohner in den 13 offiziell so bezeichneten
staatlichen «Sanatorien» weiterhin unter geändertem Namen. 25 Jahre
nach Abschaffung eines Gesetzes, das noch bis 1996 die Inhaftierung
und Zwangssterilisierung von Lepra-Kranken vorsah, lebten noch immer
rund 1000 Menschen in diesen Kolonien, so die Zeitung weiter. Japans
Staat und Gesellschaft hatten diese Menschen zu Aussätzigen gemacht
und sie stigmatisiert.

Erst im Jahr 2001 entschuldigte sich der japanische Staat bei den
Opfern und räumte ein, dass die jahrzehntelange Isolationspolitik
falsch gewesen sei. Als das Gesetz abgeschafft wurde, lebten rund
5400 Menschen in den Einrichtungen. Viele Betroffene blieben jedoch
auch danach dort - aus Angst vor andauernder Diskriminierung. Andere
versuchten, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern, doch
kehrten sie später wieder in die Kolonien zurück. Das
Durchschnittsalter der rund 1000 dort heute noch lebenden Menschen
betrage 87 Jahre, so die Zeitung. Viele änderten ihre Namen, damit
die Angehörigen keine Nachteile im Beruf oder bei Heirat hätten.

Gesellschaftliche Stigmatisierung und Diskriminierung ist in Japan
ein gesellschaftliches Phänomen, das immer wieder auftritt, wenn
Menschen gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt sind, wie die
Lepra-Patienten oder Menschen aus Fukushima nach dem Atomunfall 2011.
Und auch in der Corona-Pandemie kommt es wieder zu Diskriminierungen,
zum Beispiel von Menschen, die sich von einer Infektion erholt haben.

Lepra ist wenig ansteckend, leicht zu diagnostizieren und mit
Medikamenten schon seit den 1980er Jahren heilbar. Vor 20 Jahren
hatte die WHO Lepra als eliminiert eingestuft. Kontrollmechanismen
wurden abgeschafft. Heute steht Lepra jedoch auf der WHO-Liste der 20
vernachlässigten Tropenkrankheiten. Noch immer müssen Menschen sich
verstecken, wenn die Krankheit ausbricht - oft nach einer
Inkubationszeit von vielen Jahren oder gar Jahrzehnten.