Freigabe der Corona-Impfungen - Impfwillige brauchen Geduld

Corona-Impfstoff für alle soll es geben - Schritt für Schritt. Mit
dem Ende der Priorisierung an diesem Montag sind aber nicht alle
Probleme gelöst.

Berlin (dpa) - Impfwillige können sich ab diesem Montag unabhängig
von der bisher gültigen Prioritätenliste in Deutschland gegen Corona
impfen lassen. Mit dem Ende der Priorisierung ist die Vergabe des
Impfstoffs generell an die gesamte Bevölkerung möglich. In
Deutschland können nun alle ab zwölf Jahren geimpft werden.
Allerdings soll es den Sommer über dauern, bis für alle genug
Impfstoff da ist.

Deshalb mahnten Spitzenvertreter von Deutschlands Ärztinnen und
Ärzten sowie Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Impfwilligen
zur Geduld. Gleichzeitig steigen mehr als 6000 Betriebsärztinnen und
-ärzte in die Impfungen ein. Sie erhalten in der ersten Woche dafür
702 000 von insgesamt gut 6,6 Millionen für die Woche angekündigten
Impfstoffdosen. Derzeit wird viel Impfstoff für die Zweitimpfungen
verwendet. Die Priorisierung verfolgte das Ziel, Menschen mit hohem
Corona-Risiko zuerst zu schützen.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds,
Gerd Landsberg, sagte der «Rheinischen Post» (Montag), die Aufhebung
der Impfpriorisierung werde bei vielen Menschen zu Ernüchterung
führen. «Enttäuschung und Frust sind dabei vorprogrammiert, da nicht

sofort ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht», sagte er. «Frust
und Enttäuschung werden sich noch verschärfen, da bis Mitte Juni 2021
- eventuell sogar bis Ende Juni - zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen
keine Termine für Erstimpfungen in den Impfzentren zur Verfügung
stehen werden.»

Auch die deutschen Hausärzte dämpften die Erwartungen an das Ende der
Impfpriorisierung. «Denn letztlich ist der Impfstoff noch immer zu
knapp für die hohe Nachfrage und wird auch weiterhin zu unzuverlässig
geliefert», sagte Ulrich Weigeldt, Vorsitzender des Deutschen
Hausärzteverbandes, den Zeitungen der Funde Mediengruppe (Montag).
Gleichzeitig werde mit der Aufhebung der Priorisierung und der
Ankündigung der Kinder- und Jugendimpfungen die Nachfrage noch
zunehmen. «Aber das Setting wird das Gleiche bleiben: Wir impfen, so
viel wir eben können.»

Nicht überall sind Menschen mit hohen Risiken bereits geimpft. In
Schleswig-Holstein, Hamburg und Bayern soll die Priorisierung nach
Risikogruppen in Impfzentren vorerst bestehen bleiben. In Bremen
arbeiten die Zentren die Vorranglisten zunächst weiter ab. Im
Saarland sollen Menschen der bisherigen Priorisierungsgruppen nach
wie vor vorrangig bei Terminen bedacht werden. In den übrigen Ländern
endet auch in den Impfzentren die bisherige Impfreihenfolge.

In den Arztpraxen fällt die Priorisierung bundesweit generell weg.
Mehr als 45 Prozent der Bevölkerung haben mindestens eine Impfung.
Vielerorts dominieren derzeit die Zweitimpfungen, denn erst mehr als
jede und jeder Fünfte hat den kompletten Impfschutz.

Zu den Impfwilligen, die ab Montag einen Termin beim Arzt erhalten
könnten, zählen auch Kinder ab 12 Jahren. Denn Europas
Arzneimittelbehörde EMA hatte Ende Mai grünes Licht für die Zulassung

des Präparats von Biontech/Pfizer für dieses Alter gegeben, zuvor war
es ab 16 frei.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat eine Empfehlung zur Impfung
von Kindern angekündigt. Es wird erwartet, dass sie mangels
ausreichender Datenbasis keine generelle Empfehlung gibt, sondern den
Impfstoff zunächst vor allem etwa für vorerkrankte Kinder vorsieht.