Mehr als 100 Corona-Infektionsfälle bei Justizbediensteten

Am Landgericht Magdeburg hatte erst kürzlich ein Mordprozess wegen
Corona- und Quarantänefällen verschoben werden müssen. Wie sieht es
in der Justiz insgesamt aus?

Magdeburg (dpa/sa) - Corona-Fälle und Quarantäneanordnungen
beeinträchtigen die Arbeit der Justiz in Sachsen-Anhalt. «Uns sind
seit November vergangenen Jahres 115 Infektionsfälle bei den
Bediensteten bekannt geworden», erklärte ein Sprecher des
Justizministeriums auf Nachfrage in Magdeburg. «Etwa 150 Bedienstete
sind in diesem Zeitraum bis zur Klärung des Gesundheitsstatus
freigestellt worden oder gingen auf Anordnung des Gesundheitsamtes in
Quarantäne.» Wie viele Rechtsstreitigkeiten aufgrund dieser Fälle
verzögert verhandelt werden mussten, werde nicht erhoben.

Zuletzt musste am Landgericht Magdeburg ein Mordprozess gegen zwei
junge Männer wegen Corona- und Quarantänefällen am Gericht verschoben

werden. Ein 21- und ein 22-Jähriger müssen sich verantworten, weil
sie einen Mann totgeschlagen haben sollen. Sie sollen zuvor ein
geparktes Auto beschädigt haben, das spätere Opfer soll sie zur Rede
gestellt haben.

Der Landesvorsitzende des Bundes der Richter und Staatsanwälte in
Sachsen-Anhalt, Christian Hoppe, sagte, grundsätzlich seien die
Voraussetzungen geschaffen worden, um unter Corona-Bedingungen
verhandeln zu können. Es stünden für die Beschäftigten ausreichend

Masken und Desinfektionsmittel zur Verfügung, Plexiglasscheiben seien
als Abtrennung angeschafft worden, grundsätzlich gebe es ausreichend
große Säle.

Der organisatorische Aufwand sei aber deutlich gewachsen. Bei
Ausfällen wegen Corona-Fällen oder Quarantäne könne etwa an kleinen

Amtsgerichten nicht so schnell für Vertretung gesorgt werden, zudem
seien die Säle manchenorts für Prozesse mit vielen Beteiligten zu
klein.

Laut Justizministerium werde allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
der Justizdienststellen wöchentlich ein kostenloser freiwilliger
Selbsttest angeboten. Hoppe sieht das als ausreichend an.

Das Ministerin geht mit seinem Überlegungen noch weiter: «Es wird
derzeit geprüft, ob Tests für Prozessbeteiligte gegebenenfalls
verpflichtend gemacht werden können», erklärte der Sprecher weiter.
Das sei aber keine einfache Frage, denn solch eine Testverpflichtung
dürfe nicht mit dem Grundsatz der Öffentlichkeit von
Gerichtsverhandlungen kollidieren.