Hunderte protestieren in Wiesbaden gegen Corona-Politik

Bis zu 1200 Gegner der staatlichen Corona-Maßnahmen kommen in
Wiesbaden zusammen. Viele von ihnen tragen keinen Mund-Nase-Schutz
und halten keinen Abstand. Auch nach dem Ende der Kundgebung muss die
Polizei sie in Schach halten.

Wiesbaden (dpa/lhe) - Die Polizei hat in Wiesbaden mehrere hundert
Menschen aus dem Umfeld einer «Querdenken»-Demonstration auf dem Weg
in die Innenstadt gestoppt. Wie ein Sprecher der Polizei sagte,
verstießen die Demonstranten damit am Samstagnachmittag gegen
Auflagen. Daher hätten die Einsatzkräfte die Teilnehmer auf dem
Kaiser-Friedrich-Ring kontrolliert und unter anderem Personalien
aufgenommen.

Zuvor hatte es mehrere Kundgebungen in der Landeshauptstadt gegeben,
die sich gegen die Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern richteten.
Dabei verstießen viele Teilnehmer laut Polizei gegen die
Corona-Regeln.

Elisabeth Kula, Wiesbadener Abgeordnete der Fraktion Die Linke im
Hessischen Landtag, kritisierte: «Wieder einmal ging die
Einsatztaktik der Polizei nicht auf.» Zwar habe der angekündigte
«Sturm auf den Landtag» verhindert werden können, «trotzdem herrsch
te
zeitweise Chaos in der Wiesbadener Innenstadt». Nach der Auflösung
der Kundgebung an den Reisinger Anlagen hätte die Polizei die
«Querdenker» zügig zum Bahnhof begleiten müssen, so Kula.
«Stattdessen konnten größere Gruppen durch die Innenstadt ziehen.
Dabei kam es wie bereits schon in Kassel zu Szenen, in denen
Journalistinnen und Journalisten, aber auch Gegendemonstrantinnen und
-Demonstranten angegriffen wurden.»

Die Versammlungsbehörde der Stadt hatte eine Kundgebung in der
Reisinger Anlage nur als stationäre Versammlung genehmigt. Laut
Polizei nahmen daran in der Spitze bis zu 1200 Personen teil. Viele
hätten keinen Mund-Nasen-Schutz getragen und den Mindestabstand nicht
eingehalten. Die Versammlungsbehörde habe wegen der zahlreichen
Verstöße gegen die Auflagenverfügungen dem Veranstalter mit der
Auflösung der Versammlung gedroht. Dieser habe dann wenig später,
gegen 15.00 Uhr, die Versammlung per Durchsage für beendet erklärt.

Danach seien etwa 400 Menschen von der Reisinger Anlage über die
Bahnhofstraße in Richtung Innenstadt gelaufen, so die Polizei weiter.
Weitere 300 Teilnehmer der Kundgebung hätten sich über den 1. Ring
und die Adolfsallee ebenfalls in Richtung Innenstadt bewegt. Beide
Gruppen seien nur bis zu einer Absperrkette der Polizei gekommen -
und hätten sich weiterhin nicht an die Corona-Regeln gehalten. Die
Beamten hätten Personalien aufgenommen und gegen 583 Personen
Platzverweise ausgesprochen.

Im Bereich «Warmer Damm» sei es gegen 16.30 Uhr zu einer
Auseinandersetzung zwischen Coronaregel-Kritikern und
Gegendemonstranten gekommen. Die Polizei habe Pfefferspray gegen die
beiden Konfliktparteien eingesetzt. Am Bahnhofsvorplatz etwa hatten
sich 300 Gegendemonstranten getroffen.

Insgesamt seien in der Stadt knapp 850 Personen kontrolliert und zehn
Straf- und 106 Ordnungswidrigkeitsanzeigen mit Corona-Bezug gefertigt
worden, so die Polizei. Elf Personen seien vorübergehend festgenommen
worden; darunter drei Insassen aus einem Auto, die einer
rechtsgerichteten Organisation zugerechnet werden.

Einen Demonstrationszug zum Landtag hatte die Stadt den Gegnern der
Corona-Vorgaben im Vorfeld verboten. Die Stadt Wiesbaden hatte in
Absprache mit der Polizei eine Höchstzahl von insgesamt 2000
Teilnehmern für das gesamte Wiesbadener Stadtgebiet per
Allgemeinverfügung erlassen. Außerdem waren alle Aufzüge im
Innenstadtgebiet untersagt.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Hessischen
Landtag, Holger Bellino, teilte am Samstagabend mit Blick auf die
«Querdenker»-Versammlungen mit: «Wer in Zeiten steigender
Infektionszahlen Woche für Woche verantwortungslos ohne Masken, ohne
Abstand und damit auf Kosten anderer Kundgebungen abhält, will den
Ernst der Lage nicht verstehen und gefährdet damit unseren
gemeinsamen Kampf gegen die Pandemie.» Dieses Verhalten sei höchst
unsolidarisch und habe mit freier Meinungsäußerung nichts zu tun.