Streit über Moskau-Reise entzweit tschechische Regierung

Prag (dpa) - Eine eilig anberaumte Moskau-Reise des tschechischen
Innenministers Jan Hamacek stößt in Prag parteiübergreifend auf
Kritik. Der Sozialdemokrat will am Montag nach Russland fliegen, um
über etwaige Lieferungen des Corona-Impfstoffs Sputnik V zu
verhandeln. «Ich habe ihm empfohlen, die Reise abzusagen», sagte
Regierungschef Andrej Babis am Freitag der Onlineausgabe der Zeitung
«Lidove noviny». Impfstoffe gehörten nicht zum Aufgabenbereich des
Ministers. Zudem wolle man die Zulassung der EU-Arzneimittelbehörde
EMA abwarten. Der Multimilliardär Babis ist Gründer der
populistischen Partei ANO.

Noch schärfer äußerte sich die Opposition. Tschechien laufe Gefahr,
als Lakai Moskaus behandelt zu werden, warnte der Christdemokrat Jan
Bartosek in einer Parlamentsdebatte. Die Abgeordnete Marketa
Pekarova-Adamova sieht in dem Besuch ein ernstes Sicherheitsrisiko:
«Was wir über die Reise wissen, ist beunruhigend, aber was ist erst
mit dem, was wir nicht wissen?» Manche Medien spekulierten bereits,
es gehe in Wirklichkeit um die geplante Ausschreibung für den Ausbau
des Atomkraftwerks Dukovany. Hamacek will unter anderem mit dem
russischen Industrieminister Denis Manturow zusammentreffen.

Seit der überraschenden Entlassung des bisherigen Chefdiplomaten
Tomas Petricek leitet Hamacek kommissarisch auch das tschechische
Außenministerium. Als neuer Leiter des Ressorts soll am Mittwoch der
derzeitige Vize-Innenminister Jakub Kulhanek vereidigt werden.