Mann von Mordvorwurf nach Geständnis von Zeugen freigesprochen

Berlin (dpa/bb) - Glücklich hat ein Angeklagter in einem Prozess am
Berliner Landgericht um tödliche Schüsse vor rund 23 Jahren einen
Freispruch entgegengenommen. Für das Urteil hatte ausgerechnet der
Mann gesorgt, der als Hauptbelastungszeuge galt. Er hatte in seiner
Aussage vor Gericht zugegeben, dass er der Täter sei. Nach fast zehn

Monaten Untersuchungshaft wurde der unschuldige Angeklagte am Freitag
auf Kosten der Landeskasse freigesprochen. Der 59-Jährige sei für die

erlittene Haft zu entschädigen, so das Gericht. 

«Auch ich mit fast 30-jähriger Berufserfahrung habe einen solchen
Verfahrensverlauf noch nicht erlebt», sagte der Vorsitzende Richter.
Es tue der Strafkammer leid, dass der 59-Jährige fast zehn Monate
seines Lebens verloren habe. Die neue Aussage des 45-jährigen
Mannes seien für den Angeklagten ein großes Glück. Aber ohnehin sei
en
vom Gericht für die Befragung des 45-Jährigen zwei Psychiater
bestellt worden, die den Mann begutachten sollten. 

In dem Mordfall geht es um den Tod eines Berliner Bauunternehmers.
Der 41-Jährige befand sich nach Renovierungsarbeiten im Badezimmer
seines Büros in Berlin-Moabit, als er am 3. März 1998 erschossen
wurde. Drei Kugeln trafen den Unternehmer in Rücken und Kopf. 

Der 59-jährige Angeklagte und der vermeintliche Zeuge, die beide aus
Moldawien stammen, waren laut Ermittlungen als Bauhelfer für das
Opfer tätig. Der Täter soll mit einer Pistole bewaffnet im Büro
erschienen sein und den Mann für einen Lohn von 1500 DM (knapp 770
Euro) erschossen haben. Ein anderer Bauunternehmer habe den Auftrag
erteilt. Hintergrund seien finanzielle Streitigkeiten gewesen.

Jahrelang tappte die Polizei im Dunkeln. Die Ermittlungen liefen 2017
neu an, nachdem der 45-Jährige, der zuletzt in Großbritannien lebte,

als Zeuge aussagte. Er soll bei der Berliner Polizei zu Protokoll
gegeben haben, sein damaliger Kollege habe ihm gegenüber die
Schüsse gestanden. Der 59-Jährige wurde schließlich in Italien
festgenommen, wo er mit seiner Familie lebt. «Ich werde versuchen,
alles zu vergessen - wie einen schrecklichen Traum», sagte er nach
dem dreimonatigen Prozess. Sein Ex-Kollege war am 14. April nach
seinem Geständnis im Gerichtssaal festgenommen worden.