Landtag beschließt schärfere Corona-Schutzmaßnahmen

Die Hoffnungen auf ein Abflauen der Corona-Pandemie zum Frühjahr hin
haben sich nicht erfüllt - im Gegenteil. Seit Ostern sind die
Infektionszahlen auch in Mecklenburg-Vorpommern drastisch gestiegen.
Das hat nun einschneidende Konsequenzen.

Schwerin (dpa) - Mecklenburg-Vorpommern zieht wegen hoher
Corona-Infektionszahlen die Notbremse und geht erneut in einen harten
Shutdown. Der Landtag in Schwerin beschloss am Freitag mit den
Stimmen der SPD/CDU-Koalition und der oppositionellen Linksfraktion
einen Maßnahmekatalog zur Eindämmung der Pandemie. Nach Einarbeitung
in die Corona-Landesverordnung sollen die neuen Regeln von Montag an
gelten.

Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) warb für breite Akzeptanz
der verschärften Corona-Schutzmaßnahmen. Die im ganzen Land drastisch
gestiegenen Infektionszahlen und die drohende Überlastung der
Intensivstationen in den Kliniken machten es unausweichlich,
Lockerungen ab Montag landesweit wieder zurückzunehmen. «Jetzt
konsequent und zügig handeln, sichert, dass wir diese dritte Welle
beherrschen, sichert, dass unser Gesundheitssystem nicht überfordert
wird», sagte Schwesig. Wenn es gelinge, die persönlichen Kontakte um
50 Prozent zu reduzieren, bestehe die Chance, innerhalb von fünf
Wochen wieder auf ein beherrschbares Infektionsniveau zu kommen und
Beschränkungen wieder zu lockern.

AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer kritisierte das Vorgehen der
Regierung und zog die Wirksamkeit der Maßnahmen in Zweifel. Damit
werde das Land gelähmt. Er votierte dafür, der Wirtschaft mehr
Freiräume zu gewähren, die Außengastronomie zu öffnen und die Schul
en
offen zu halten. Die Vorsitzende der Linksfraktion, Simone Oldenburg,
listete eine Reihe von Mängeln und Ungereimtheiten im
Regierungshandeln auf, unter anderem bei der Impfstrategie und in der
Schulpolitik. Doch halte auch ihre Fraktion einschneidende Maßnahmen
im Kampf gegen das erneut aufgeflammte Infektionsgeschehen für
dringend geboten.

Dem Beschluss des Landtags zufolge sollen landesweit Schulen und
Kitas wieder geschlossen werden, Distanzunterricht zum Regelfall
werden. Ausnahmen gelten für Schüler der Abschlussklassen, für
Schüler bis Klasse sechs und Kleinkinder wird Notbetreuung
gewährleistet. Auch viele der zwischenzeitlich geöffneten Geschäfte
bleiben wieder zu.

ebensmittelläden, Apotheken und Drogerien, Garten- und Baumärkte,
Buch- und Blumengeschäfte dürfen aber offen bleiben. Friseure können

ebenfalls weiter ihre Dienstleistungen anbieten, nicht aber
Kosmetiksalons. Museen und Ausstellungen werden geschlossen, der
Freizeit- und Breitensport wieder eingeschränkt. Die Außenbereiche
der Zoos und auch Kinderspielplätze können weiterhin besucht werden.

Private Treffen sind nur noch mit einer Person außerhalb des eigenen
Haushaltes erlaubt. Besitzer von Feriendomizilen ohne Erstwohnsitz in
Mecklenburg-Vorpommern dürfen bis auf weiteres nicht mehr einreisen,
ebenso Dauercamper. Aus rechtlichen Gründen gibt es keine landesweit
geltende nächtliche Ausgangssperre. Dies bleibt in der Zuständigkeit
der Landkreise und kreisfreien Städte, solange das
Bundesinfektionsschutzgesetz nicht geändert ist.

Die zuletzt massiv ins Stocken geratene Impfkampagne soll
vorangetrieben werden. Dafür wird ein zentraler Impfmanager für das
ganze Land eingesetzt. Die Impfreihenfolge soll flexibler gehandhabt
werden dürfen, Impfbusse sollen neben Hausärzten das Impfen auch in
ländlichen Regionen beschleunigen. Lehrer aller Schularten sollen
rasch geimpft und so die Wiederöffnung der Schulen abgesichert
werden.

Nach Ostern war die Zahl der Corona-Neuinfektionen in
Mecklenburg-Vorpommern stark gestiegen. Die Sieben-Tage-Inzidenz
erreichte Werte um 150 Infektionen je 100 000 Einwohner binnen einer
Woche. Für diesen Fall habe der schon vor Monaten beschlossene
MV-Plan vorgesehen, die Schutzmaßnahmen wieder zu verschärfen. «Das
ist kein Richtungswechsel, das ist der MV-Weg», betonte Schwesig.

Ziel der landesweiten Maßnahmen sei es, möglichst rasch unter eine
landesweite Inzidenz von 100 zu kommen. Dann seien auch wieder
Lockerungen möglich, als erstes für Schulen und Kitas, erklärte
Schwesig. Sie verteidigte auch die weitere Beschränkung der Einreise
nach Mecklenburg-Vorpommern. «Wir sind das Land mit den härtesten
Reisebeschränkungen. Und dazu stehen wir», sagte sie. Mobilität trage

zum Infektionsgeschehen bei. Wenn diese - in Verbindung mit den
anderen Schutzmaßnahmen - nicht eingeschränkt werde, könne es auch
keinen Sommerurlaub in MV geben.

Nach Ansicht von AfD-Fraktionschef Kramer fehlt für die neuerliche
Verschärfung der Schutzmaßnahmen eine verlässliche Datenbasis. So
gebe es keinen Nachweis für die Notwendigkeit, das Einkaufen zu
verbieten und Aktivitäten im Freien einzuschränken. Damit würden die

Menschen nur im Privaten enger zusammengedrängt und die
Infektionsgefahr erhöht. Mit Ausgangsbeschränkungen werde dieser
«Indoor-Effekt» verstärkt. «Ausgangsbeschränkungen sind der massi
vste
Eingriff in bisher gesicherte Grundrechte», beklagte Kramer.

Linksfraktionschefin Oldenburg mahnte mehr Klarheit und Stringenz bei
der Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen an. Dabei gehe es auch um
die Einhaltung der Hygienekonzepte insbesondere im
Lebensmitteleinzelhandel. Oldenburg forderte eine Anhebung des
Kurzarbeitergeldes auf 90 Prozent und auf 100 Prozent für Bezieher
von Niedriglöhnen.

Verbesserungen müsse es bei Corona-Tests und den Schutzimpfen geben.
«Hier muss aufgeräumt werden. So, wie die derzeitige Situation ist,
werden Ängste und Unsicherheit nicht genommen, sondern geschürt»,
warnte die Fraktionsvorsitzende. Es gelte, alles zu tun, um das
Impftempo zu erhöhen: «Jede einzelne Impfung hilft uns allen aus
dieser schrecklichen Krise. Jede einzelne Impfung ist ein Schritt in
ein lebenswerteres Leben.»