Mertin hat verfassungsrechtliche Bedenken bei Infektionsschutzgesetz

Mainz (dpa/lrs) - Der Entwurf des Bundes für eine Neufassung des
Infektionsschutzgesetz wirft nach Ansicht des rheinland-pfälzischen
Justizministers Herbert Mertin (FPD) erhebliche verfassungsrechtliche
Bedenken auf. «Mit dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf zeigt der Bund
einmal mehr, dass er die Pandemiebekämpfung nicht besser kann, als
die Länder», sagte Mertin der Deutschen Presse-Agentur in Mainz.
«Nach der völlig unzureichenden Impfstoffbeschaffung und der erst
viel zu spät eingeführten Testmöglichkeiten will die Bundesregierung

jetzt mit dem Kopf durch die Wand.»

«Der Gesetzentwurf enthält zahlreiche Regelungen, die erhebliche
verfassungsrechtliche Bedenken aufwerfen», sagte Mertin. «Das starre
Abstellen lediglich auf den Inzidenzwert 100 ermöglicht es nicht, vor
Ort auf mögliche besondere Umstände des Einzelfalls einzugehen.» Es
sei beispielsweise nicht einzusehen, dass es bei klar lokalisierten
Ausbrüchen - etwa in einer Justizvollzugsanstalt - in einem ganzen
Landkreis zwingend und ohne Ausnahmemöglichkeit zu Ausgangssperren
kommen soll. Die Bundesregierung unternehme nicht einmal mehr den
Versuch, wirtschaftliches und kulturelles Leben zumindest für negativ
Getestete oder geimpfte Menschen eingeschränkt zu ermöglichen,
sondern setze einseitig und undifferenziert auf Schließungen in allen
Lebensbereichen.

«Hochproblematisch ist auch die starke Beschränkung der
Rechtschutzmöglichkeiten», sagte der Justizminister. Bisher seien für

die rechtliche Beurteilung der Corona-Verordnungen der Länder die
Verwaltungsgerichte zuständig, «die zügig und flexibel entscheiden
konnten und dabei auch so manche Regelung aufgehoben oder abgeändert
haben». Künftig bliebe für alle Bürger bundesweit nur noch die
Verfassungsbeschwerde unmittelbar zum Bundesverfassungsgericht.
Dieses drohe somit in einer Flut von Anträgen unterzugehen.