Schwesig stimmt Bürger auf härtere Corona-Maßnahmen in MV ein

Kommt ein Lockdown mit Schul- und Ladenschließungen in MV?
Regierungschefin Manuela Schwesig spricht von einer «neuen Lage». In
den Kliniken stiegen die Belastungen.

Schwerin (dpa/mv) - Angesichts sprunghaft steigender
Corona-Infektionszahlen in Mecklenburg-Vorpommern stimmt
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) die Bürger auf härtere
Maßnahmen ein. «Wir haben eine neue Lage. Erstmals ist wirklich das
gesamte Land von hohen Corona-Zahlen betroffen», erklärte sie am
Mittwoch. «In den Krankenhäusern steigen die Belastungen. Wir müssen

sicherstellen, dass alle, die schwer erkranken, die notwendige
medizinische Hilfe erhalten.» Beim um einen Tag vorgezogenen
MV-Gipfel solle deshalb am Donnerstag mit Kommunen, Wirtschaft und
Gewerkschaften beraten werden, welche zusätzliche Schutzmaßnahmen
nötig seien. «In der aktuellen Situation brauchen wir mehr
landesweite Regeln», stellte Schwesig klar.

Dem Vernehmen nach stehen eine landesweite Schließung der Schulen und
des Einzelhandels - jenseits der Geschäfte für den täglichen Bedarf -

zur Debatte. Vom kommenden Montag an schließen bereits die Kitas
ihren Regelbetrieb. Sie dürfen dann nur noch eine Notbetreuung für
Kinder von Alleinerziehenden und von Eltern in systemrelevanten
Berufen anbieten, wie das Sozialministerium am Mittwoch entschied.

In vier der acht Landkreise und kreisfreien Städte -
Vorpommern-Greifswald, Mecklenburgische Seenplatte,
Ludwigslust-Parchim und Schwerin - müssen auch die Schulen ab Montag
schließen, weil die Sieben-Tage-Inzidenz dort am Mittwoch über 150
lag. Diesen Wert hat Mecklenburg-Vorpommern auch als Bundesland
insgesamt überschritten, so dass nicht auszuschließen ist, dass die
Schulen vom kommenden Montag an landesweit auf Homeschooling
umstellen müssen. Am Mittwoch betrug die Zahl der
Corona-Neuinfektionen je 100 000 Einwohner in sieben Tagen in MV
158,3. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales meldete mit 575
registrierten Neuinfektionen einen Tages-Rekordwert.

Die im Landtag oppositionelle Linke erwartet einen mehrwöchigen
Lockdown, wie die Fraktionsvorsitzende Simone Oldenburg sagte. Auch
die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) rechnet mit
drakonischen Schritten. «Ein Lockdown erscheint unausweichlich»,
erklärten die beiden Landesvorsitzenden Annett Lindner und Maik Walm.
Die Abschlussprüfungen an den Schulen müssten jedoch davon
ausgenommen werden, forderten sie. Am 23. April soll in
Mecklenburg-Vorpommern die erste schriftliche Abiturprüfung
geschrieben werden.

Parallel ruckelt es beim Impfen in MV weiterhin: Mehrere Kommunen
berichteten am Mittwoch von freien Impfdosen, während die zentrale
Terminvergabe des Landes Impfberechtigten mitteilt, sie könnten noch
keine Spritze bekommen. Der Landkreis Ludwigslust-Parchim hat deshalb
1600 Impfdosen aus den Impfzentren an Hausarztpraxen abgegeben. Die
Hansestadt Rostock vergibt neuerdings die Hälfte seiner Impftermine
über die Internetseite eines privaten Ticket-Vertriebs, «um die
zentrale Landesvergabe zu entlasten», wie es hieß. MV lag zuletzt bei
den Erstimpfungen auf dem letzten Platz im Vergleich der
Bundesländer.

Im Gastgewerbe und Einzelhandel wächst derweil die Existenzangst. Mit
einer weiteren Protestaktion haben Gastronomen, Hoteliers,
Einzelhändler und Schausteller am Mittwoch vor dem Landtag in
Schwerin ein Ende der Schließungen und wirksame Finanzhilfen vom
Staat gefordert. «In den Unternehmen herrscht seit fast einem halben
Jahr Stillstand. Sie haben gewaltige Opfer gebracht. Wir müssen
endlich raus aus diesem Dauerlockdown», sagte der Präsident des
Landesverbandes für Hotel und Gaststätten, Lars Schwarz. Obwohl
Hotels und Gaststätten nachweislich nicht Treiber der Pandemie seien,
müssten sie den Großteil der Folgen tragen.

In Gedenken an die bisher mehr als 900 Todesopfer im Zusammenhang mit
dem Coronavirus im Bundesland hat das Innenministerium
Mecklenburg-Vorpommerns für Sonntag Trauerbeflaggung angeordnet. Die
Flaggen werden unter anderem in Dienststellen des Landes und der
Gemeinden auf halbmast gesetzt, wie das Ministerium in Schwerin
ankündigte.