Impfpakt soll Weg aus Corona-Krise beschleunigen - Inzidenz steigt

Die dritte Corona-Welle schlägt hoch - mit einem Impfpakt will das
Gesundheitsministerium Niedersachsen deshalb aus der Gefahrenzone
bringen. Impfstofflieferungen aber stocken und viele hadern weiter
mit dem Vakzin von Astrazeneca. Deshalb appelliert die Regierung.

Hannover (dpa/lni) - Während sich die Corona-Lage in Niedersachsen
weiter verschlechtert, hat Gesundheitsministerin Daniela Behrens
(SPD) den Startschuss für den landesweiten Impfpakt gegeben. An einem
Online-Auftakttreffen am Mittwoch beteiligten sich neben
Gesundheitsbehörden die Ärzte- und Apothekervertretungen sowie die
kommunalen Spitzenverbände, wie das Ministerium mitteilte. Behrens
hatte den Impfpakt bei Amtsantritt Anfang März als Schulterschluss
aller Beteiligten zur Beschleunigung der Impfkampagne angekündigt. Im
Moment hakt es bei den Impfstofflieferungen, der Akzeptanz des
Präparats von Astrazeneca sowie bei Absagen von Impfterminen.

IMPFSTOFF: Die niedersächsischen Impfzentren erhalten bis Anfang Mai
etwas weniger Corona-Impfstoff als geplant. Der Bund korrigiert die
für Monatsende angekündigte Menge an Moderna-Impfdosen für das Land
um 13 200 nach unten. Wegen des aufgeschobenen Europa-Starts von
Johnson & Johnson wurde zudem die erste Lieferung von 21 600 Dosen
dieses Herstellers ausgesetzt. Insgesamt umfassen die in den
Kalenderwochen 15 bis 17 erwarteten Lieferungen noch rund 620 000
Dosen. Das sind etwa fünf Prozent weniger als zwischenzeitlich
angekündigt waren. Etwa zwei Drittel der Impfstoff-Lieferungen in
diesem Monat kommen von Biontech/Pfizer.

TERMINABSAGEN WEGEN ASTRAZENECA: Die Landesregierung hat an Ältere
appelliert, sich mit dem Astrazeneca-Impfstoff impfen zu lassen. Um
zügig eine Durchimpfung größerer Teile der Bevölkerung zu erreichen
,
müssten die Älteren sich auf das Präparat einlassen, denn für die
Jüngeren ständen nur die beiden übrigen Vakzine zur Verfügung.

Aus Impfzentren gab es Berichte, dass eine größere Zahl vereinbarter
Impftermine mit dem Astrazeneca-Impfstoff nicht wahrgenommen werden -
auch weil Betroffene bei einer Impfung über den Hausarzt hoffen,
sich den Impfstoff aussuchen zu können. Bis Ende der Woche soll es
möglich sein, einen Termin im Impfzentrum nicht nur über die oft
überlastete Hotline sondern auch online abzusagen.

DIE CORONA-LAGE: Mehr Corona-Patienten, mehr Hotspots und eine
steigende Sieben-Tages-Inzidenz - die Corona-Situation verschlechtert
sich weiter. Die Zahl der Patienten in den Kliniken stieg am Mittwoch
auf 1114, davon liegen 312 auf der Intensivstation. 215 Erwachsene
und ein Kind müssen demnach künstlich beatmet werden.

Die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen
kletterte im Landesdurchschnitt auf 121,3 nach 109,9 am Vortag. Zudem
wurden 1787 neue Infektionsfälle und 33 weitere Todesfälle
registriert. In 26 der 45 Landkreise und großen Städte lag die
Sieben-Tages-Inzidenz über 100 - hier greifen verschärfte
Corona-Beschränkungen.

INTENSIVBETTEN: Sie werden langsam knapp, wie aus den Daten des
Intensivregisters ablesbar ist. Von 1930 aktuell betreibbaren
Intensivbetten in Niedersachsen waren am Mittwoch 1682 belegt. Von
den 248 freien Intensivbetten waren 117 speziell auf die Bedürfnisse
von Corona-Patienten ausgelegt. Allerdings gibt es eine
Notfallreserve: Innerhalb von sieben Tagen kann Niedersachsen den
Angaben zufolge 986 weitere Intensivbetten aufstellen.

BEI SCHULSCHLIEßUNGEN hält Niedersachsen vorerst an den bestehenden
Regeln fest, auch falls die geplante Bundes-Notbremse eine
großzügigere Praxis erlaubt. Dies bedeutet, dass Schulen wie bisher
ab einer Inzidenz von 100 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner binnen
sieben Tagen weitgehend ins Distanzlernen wechseln, teilte das
Kultusministerium mit.

Die Bundes-Notbremse soll Schulschließungen nach bisherigem Stand
erst ab einer Sieben-Tages-Inzidenz von 200 verbindlich vorschreiben.
In etwa drei Wochen will das Ministerium sehen, ob es angesichts der
gerade angelaufenen Teststrategie an den Schulen
Lockerungsmöglichkeiten sieht oder nicht.

LOCKERUNGEN FÜR GEIMPFTE? Es ist - auch in Niedersachsen - im
Gespräch, dass vollständig Geimpfte etwa von der Schnelltestpflicht
beim Besuch von Einrichtungen oder der Reiserückkehr befreit werden.
Das Land favorisiert dabei eine bundesweite Lösung und keine
Landesregelung bereits in der neuen Verordnung ab nächster Woche.
«Ich sehe das in Niedersachsen nicht konkret vor mir, ich will es
aber auch nicht ausschließen», sagte Regierungssprecherin Anke
Pörksen.