Kommunen über Inzidenz von 100 - Bald Freigabe der Impfpriorisierung?

Das neue Infektionsschutzgesetz im Bund und der Impffortschritt im
Land hält die Politik in Rheinland-Pfalz in Atem. Dabei geraten auch
die Prioritäten bei der Schutzimpfung in den Blick. In Ludwigshafen
eröffnet unterdessen ein Impfzentrum der BASF.

Mainz (dpa/lrs) - Immer mehr Städte und Landkreise überschreiten in
Rheinland-Pfalz eine Corona-Inzidenz von 100 und wären damit von der
geplanten bundesweiten «Notbremse» betroffen. Am Mittwoch waren es 25
von den landesweit 36 kreisfreien Städten und Kreisen, wie das
Landesuntersuchungsamt mitteilte - nach 21 am Vortag. Die landesweite
Inzidenz stieg auf 131,5 Infektionen bezogen auf 100 000 Einwohner in
den vergangenen sieben Tagen. Das ist weiterhin der höchste Stand
seit dem 12. Januar. Die Tagesthemen von Mittwoch im Überblick:

BESCHLÜSSE: Kaiserslautern kündigte am Mittwoch eine nächtliche
Ausgangsbeschränkung an. In Kraft treten soll diese um 0.00 Uhr in
der Nacht auf diesen Freitag. Ludwigshafen hat mit einer Inzidenz von
227,0 (Mittwoch) längst eine Ausgangsbeschränkung - nun kündigte die

Stadt weitere Verschärfungen an, etwa von nächster Woche an nur noch
Fernunterricht an weiterführenden Schulen und Notbetrieb in Kitas.
Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Kirner Land, Thomas Jung
(parteilos), teilte mit, in Kindergärten und Schulen in seiner
Kommune habe es bei Corona-Tests «viele positive Ergebnisse» gegeben.
Eine Kita in Kirn-Sulzbach sei geschlossen worden.

PRIORITÄTEN I: Der Mainzer Oberbürgermeister und Präsident des
Städtetages in Rheinland-Pfalz, Michael Ebling (SPD), hat ein Ende
der Prioritäten bei der Corona-Schutzimpfung gefordert, sobald die
Hausärzte mitmachen. «Das Impfen geht leider im Schneckentempo in
Deutschland voran, aber das scheint sich jetzt zu ändern, wenn
die Hausärzte dazukommen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
«Dann muss das Thema der Prioritäten ein Ende haben. Wir brauchen
Masse, und die bekommen wir nur, wenn die Hausärzte nicht auch noch
fünfmal prüfen müssen, ob jemand berechtigt ist für die Impfung.»


PRIORITÄTEN II: Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler

hält eine Aufhebung der Prioritäten bei den Corona-Schutzimpfungen ab

Ende Mai für möglich. Voraussetzung sei, dass bis dahin die vom Bund

angekündigten Mengen an Impfstoff kämen und die niedergelassenen
Ärzte voll mitimpfen könnten, sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch
in Mainz. Das Bundesgesundheitsministerium habe aber noch keine
konkreten Zusagen über den verfügbaren Stoff für Mai gemacht, obwohl

dies eigentlich immer schon sechs Wochen vorher feststehen solle.

SONDERAKTION: Bei einer Sonderaktion in den 32 Impfzentren des Landes
sollen am Wochenende 40 000 Spritzen gegen das Coronavirus gesetzt
werden. Das Angebot gilt für Menschen der Prioritätsgruppen, die
bereits im Termin-Pool des Landes registriert sind. Ministerin
Bätzing-Lichtenthäler forderte die Betroffenen auf, regelmäßig in
ihre E-Mail-Postfächer zu schauen und dabei auch die Spam-Ordner zu
kontrollieren, falls die Bestätigung für die kurzfristig anberaumten
Termine nicht rechtzeitig mit der Post komme.

TERMINE: Bis zu 1000 Termine in den Impfzentren würden derzeit aus
unterschiedlichen Gründen nicht wahrgenommen, sagte Impfkoordinator
Alexander Wilhelm (SPD). Manche hätten vorher auch einen Termin bei
ihrem Hausarzt bekommen. Er forderte die Menschen auf, die Termine in
den Impfzentren zu stornieren und nicht einfach verfallen zu lassen.

VERZÖGERUNG: Von der Verzögerung des Marktstarts von Johnson &
Johnson seien im Land rund 12 000 Dosen betroffen, sagte Ministerin
Bätzing-Lichtenthäler. Diese seien vor allem für Einrichtungen für

Wohnungslose, Aufnahmeeinrichtungen von Asylbewerbern und
Frauenhäuser gedacht, weil eine Impfung für den Vollschutz ausreiche.

IMPFZENTRUM: Das Impfzentrum auf dem BASF-Gelände in Ludwigshafen ist
nach Angaben des Chemiekonzerns einsatzbereit. Bereits am Mittwoch
sollte mit der Corona-Schutzimpfung der Belegschaft begonnen werden,
wie das Unternehmen mitteilte. Die rheinland-pfälzische
Landesregierung habe wöchentliche Lieferungen von Impfstoff
zugesichert. Die Impfreihenfolge werde genauso eingehalten wie die
Auswahl des Impfstoffs, sagte Vorstandsmitglied Michael Heinz. «Die
Regeln für das Projekt setzen Bund und Länder.»

FINANZEN: CDU-Fraktionschef Christian Baldauf hat sich für eine
Kompensation der Kosten ausgesprochen, die Unternehmen aus der
Corona-Test-Angebotspflicht entstehen. «Umfangreiche Testungen - auch
in Betrieben - sind ein wichtiges Element einer erfolgreichen
Pandemiebekämpfung», sagte er. Eine Angebotspflicht der Unternehmen
für ihre Beschäftigten dürfe aber nicht zu zusätzlichen Belastungen

für die von der Pandemie gebeutelte Wirtschaft führen. «Schätzungen

gehen davon aus, dass diese Tests die deutschen Unternehmen monatlich
mehr als sieben Milliarden Euro kosten werden», teilte Baldauf mit.

INFEKTIONSSCHUTZGESETZ: AfD-Fraktionschef Michael Frisch ist gegen
das geplante neue Infektionsschutzgesetz. Es wäre «fatal, wenn die
Bundeskanzlerin jetzt mit Hilfe des Infektionsschutzgesetzes plant,
den Föderalismus in Deutschland weitgehend auszuhebeln», sagte er. In
den 14 Monaten der Corona-Krise habe die Bundesregierung «alles
versäumt, was zu versäumen war». Stattdessen solle nun das «bewäh
rte
und gerade im Hinblick auf die differenzierte Pandemie-Lage in den
verschiedenen Regionen Deutschlands wichtige föderale Prinzip außer
Kraft gesetzt werden».