Kommunen organisieren Vergabe von geplatzten Impfterminen

Zahlreiche Termine mit dem Impfstoff von Astrazeneca werden derzeit
nicht wahrgenommen. Vor Ort gibt es Listen mit der Möglichkeit
nachzurücken. Das Land ruft Bürger auf, die Möglichkeit zum Impfen zu

nutzen - oder wenigstens abzusagen, wenn kein Interesse besteht.

Wiesbaden (dpa/lhe) - Wer dringend auf eine Corona-Impfung wartet,
sollte sich auch bei seiner Stadt oder dem zuständigen Landkreis
melden. Denn dort werden Termine vergeben, die zuvor nicht
wahrgenommen wurden. Im Fall des Impfstoffs vom Hersteller
Astrazeneca ist dies im Schnitt derzeit bei jedem vierten Termin der
Fall, erklärte das Innenministerium am Mittwoch in Wiesbaden. Das
Land empfiehlt deshalb den Impfzentren «eine maßvolle Überbuchung».

Voraussetzung für eine Anmeldung für die Nachrückerlisten der
Kommunen sind die geltenden Priorisierungsvorgaben und eine
Registrierung beim Land Hessen.

Der Odenwaldkreis berichtete am Mittwoch, die bisher geführte
Backup-Liste mit Beschäftigten aus den Bereichen Medizin und Pflege
sowie dem Rettungsdienst sei erschöpft. Deshalb werde eine neue
Nachrückerliste angelegt. Auch Menschen der dritten
Priorisierungsgruppe könnten sich dafür bereits melden - dazu zählten

Menschen zwischen 60 und 70 Jahren oder medizinisch vorbelastete
Personen, Polizei, Feuerwehr und Katastrophenschutz sowie Personal im
Lebensmitteleinzelhandel. Der Astrazeneca-Impfstoff wird derzeit nur
noch Menschen gespritzt, die älter als 60 Jahre sind.

Der Kreis Limburg-Weilburg will das inzwischen vorhandene Überangebot
des Impfstoffs bei einem «Sonderimpftag» kommenden Samstag (17.
April) verabreichen. «Insgesamt können in dieser Zeit 600 zusätzliche

Termine für die Impfung gegen das Coronavirus angeboten werden»,
erklärte der Kreis. Anmelden können sich Krankenversicherte, die vor
dem 1. Mai 1951 geboren wurden. Am Sonntag gibt es im
Werra-Meißner-Kreis einen Sonderimpftag für über 80-Jährige -
ebenfalls mit Astrazeneca-Impfstoff. Auch in vielen weiteren Städten
und Kreisen werden Listen für Nachrücker geführt oder vorbereitet.

Der Landkreis Kassel will ab diesem Freitag mit einer eigenen
Plattform täglich 100 zusätzliche Termine vergeben - und kritisierte
die Terminvergabe des Landes als schleppend und chaotisch. Es hätten
sich Bürger gemeldet, die seit neun Wochen warteten, sagte ein
Sprecher. Teils seien vom Land vergebene Termine nicht bei ihnen
angekommen, teils seien ans Land gemeldete Termine nicht
freigeschaltet worden. Auch hier soll überwiegend Impfstoff von
Astrazeneca verabreicht werden. Die Kritik wies ein Sprecher des
Innenministeriums zurück. Er räumte aber ein, durch sich ändernde
Rahmenbedingungen wie etwa für den Impfstoff Astrazeneca habe es
immer wieder Anpassungsbedarf gegeben.

Die Landesregierung appellierte an alle Hessen, ihren Impftermin
wahrzunehmen. Sei dies nicht möglich, dann sollte er frühzeitig über

das Registrierungsportal storniert werden. «Dadurch erhalten dann
andere Registrierte schneller die Möglichkeit, einen Impftermin zu
erhalten», erklärte der Ministeriumssprecher.

Impfberechtigt sind derzeit Menschen mit höchster und hoher Priorität
nach der Coronavirus-Impfverordnung. In Hessen sind laut Ministerium
etwa 550 000 Menschen in der Gruppe mit höchster Priorität. Dabei
handelt es sich ganz überwiegend um Seniorinnen und Senioren, die
mindestens 80 Jahre und älter sind. Die Anzahl der Berechtigten in
Hessen mit hoher Priorität wird auf etwa 1,5 Millionen geschätzt.

Geprüft werde zudem, wann weitere Personengruppen ein Impfangebot
erhalten könnten. Speziell bezogen auf den Impfstoff von Astrazeneca
habe das Bundesgesundheitsministerium erlaubt, dass auch vor der
Öffnung der nächsten Priorisierungsgruppe 3 bereits den 60- bis
69-Jährigen ein Angebot gemacht werden könne.

Bis Mittwoch (14. April) seien insgesamt 891 094 Erstimpfungen und
423 102 Zweitimpfungen in den 28 hessischen Impfzentren durchgeführt
worden. Rund 390 000 registrierte Impfberechtigte warten derzeit noch
auf einen Termin, wie das Ministerium mitteilte. Für den Großteil
komme der Impfstoff von Astrazeneca infrage.

Die Anzahl von Impfdosen, die nicht genutzt werden konnten, sei
gering, erläuterte der Ministeriumssprecher. Hintergrund seien dabei
hauptsächlich verunreinigte Chargen gewesen.