Dänemark verzichtet auf Corona-Impfstoff von Astrazeneca

Seit Wochen wird in Dänemark niemand mit dem Präparat von Astrazeneca
geimpft, jetzt verschwindet das Mittel gänzlich aus der Impfkampagne.
Das hat nicht nur mit Sorgen vor schwerwiegenden Nebenwirkungen zu
tun, sondern auch mit der relativ guten Corona-Lage in Dänemark.

Kopenhagen (dpa) - Deutschlands nördlichster Nachbar Dänemark
verabschiedet sich als erstes EU-Land komplett vom Einsatz des
Corona-Impfstoffes von Astrazeneca. Die Impfkampagne werde ohne das
Präparat des britisch-schwedischen Unternehmens fortgesetzt, gab der
Direktor der dänischen Gesundheitsverwaltung, Søren Brostrøm, am
Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Kopenhagen bekannt.

Es bestehe ein Zusammenhang zwischen dem Impfstoff von Astrazeneca
und sehr seltenen Fällen ungewöhnlicher Blutgerinnsel, Blutungen und
niedriger Blutplättchenzahlen, teilte Brostrøms Behörde mit. Dies und

die Tatsache, dass die Corona-Pandemie in Dänemark derzeit unter
Kontrolle sei und andere Impfstoffe gegen Covid-19 zur Verfügung
stünden, seien maßgeblich bei der schwierigen Entscheidung gewesen,
das Impfprogramm ohne ein effektives und zugängliches Mittel wie das
von Astrazeneca weiterzuführen.

Die zuständige Abteilungsleiterin der dänischen Arzneimittelbehörde,

Tanja Erichsen, unterstrich auf der Pressekonferenz, dass man die
Einschätzung der Europäischen Arzneimittelagentur EMA teile, wonach
das Präparat mehr Vor- als Nachteile habe. «Insgesamt ist das ein
sicherer und effektiver Impfstoff zur Behandlung von
Covid-19-Erkrankungen», sagte sie.

Die Gesundheitsverwaltung schloss auch nicht aus, dass das Mittel zu
einem späteren Zeitpunkt wieder eingesetzt werden könne, wenn sich
die Lage verändere. Es handele sich weiterhin um einen zugelassenen
Impfstoff, so Brostrøm. Wäre Dänemark in einer anderen Situation mit

einer dritten Infektionswelle und einem belasteten Gesundheitswesen,
würde er nicht zögern, den Impfstoff wieder einzusetzen. «Wir sagen
nicht, dass wir diesen Impfstoff nie wieder gebrauchen werden», sagte
er. Selbstverständlich habe er auch Verständnis dafür, wenn andere
Länder in anderen Situationen weiter auf Astrazeneca setzten.

Die Pressekonferenz musste zwischenzeitlich unterbrochen werden, als
Erichsen plötzlich ohnmächtig zu Boden sank. Sie sei wieder bei
Bewusstsein und sicherheitshalber zum medizinischen Check auf dem Weg
in die Notaufnahme, teilte ihre Behörde kurz darauf auf Twitter mit.

Dänemark hatte die Impfungen mit dem Präparat von Astrazeneca am 11.
März vorsorglich und zunächst für 14 Tage ausgesetzt. Grund dafür
waren Berichte über vereinzelte schwerwiegende Fälle einer seltenen
Kombination aus Blutgerinnseln, Blutungen und niedrigen
Blutplättchenzahlen bei Personen, die zuvor mit dem Mittel gegen
Covid-19 geimpft worden waren, darunter auch der Tod einer
60-jährigen Dänin. Im Anschluss hatten auch mehrere weitere Länder
den Gebrauch des Impfstoffes vorübergehend gestoppt.

Nachdem die EMA grünes Licht für eine weitere Nutzung gegeben hatte,
hatten Deutschland und weitere Länder die Impfungen mit dem
Astrazeneca-Vakzin im März wiederaufgenommen, meist aber auf ältere
Bevölkerungsgruppen beschränkt. Dänemark dagegen hatte den Stopp um
drei weitere Wochen verlängert.

Bis zum Stopp hatten knapp 150 000 Menschen in dem Land ihre erste
Impfdosis mit Astrazeneca erhalten, rund 600 auch ihre zweite. Wer
seine erste Impfung mit Astrazeneca bekommen hat, dem wird nun für
die zweite ein anderes Vakzin angeboten. Die dänische Impfkampagne
wird ohne Astrazeneca nun einige Wochen länger dauern als geplant.

Insgesamt haben in Dänemark mit seinen rund 5,8 Millionen Einwohnern
knapp eine Million Menschen ihre Corona-Erstimpfung erhalten, fast
die Hälfte davon auch schon ihre zweite. Der Großteil davon wurde mit
dem Präparat von Biontech/Pfizer geimpft.