Noch 100 Tage und weiter Sorgen: IOC schließt Olympia-Absage aus Von Christian Hollmann und Takehiko Kambayashi, dpa

Unter dem Eindruck steigender Corona-Infektionszahlen brechen die
letzten 100 Tage vor der Eröffnung der Sommerspiele in Tokio an. Die
Organisatoren versprechen dennoch unermüdlich «sichere Spiele».

Tokio (dpa) - Inmitten neuer Corona-Sorgen haben die Olympia-Macher
von Tokio den 100-Tage-Countdown bis zur Eröffnung der Sommerspiele
gestartet. Im Nieselregen enthüllte eine kleine Delegation am
Mittwoch auf dem Takao-Berg die olympischen Ringe als Symbol für die
Zuversicht der Organisatoren. «Die Spiele werden eine Feier der
Widerstandsfähigkeit, der Solidarität und unserer gemeinsamen
Menschlichkeit», sagte Organisationschefin Seiko Hashimoto. Doch die
wieder steigenden Infektionszahlen auch im Großraum Tokio nähren die
Zweifel an der Austragung der Spiele.

Corona-Regierungsberater Shigeru Omi sprach im Parlament sogar von
einer «vierten Welle» bei den Neuinfektionen und mahnte verstärkte
Gegenmaßnahmen an. Ministerpräsident Yoshihide Suga indes will keine
«große nationale Welle» erkennen.

Tokios Gouverneurin Yuriko Koike versicherte am Mittwoch erneut, dass
die Gastgeber in den verbleibenden Wochen bis zum Start der Spiele
alles dafür tun wollen, «das Coronavirus zu bezwingen. Wir wären gern

in der Lage, die Spiele mit allen zu erleben», sagte Koike.

Zuvor hatte bereits IOC-Vizepräsident John Coates eine kurzfristige
Olympia-Absage ausgeschlossen. Die um ein Jahr verlegten Sommerspiele
«werden wie geplant stattfinden», sagte der Chef der
Koordinierungskommission des Internationalen Olympischen Komitees für
das Großereignis in Japan. Der Australier versprach: «Es werden die
sichersten Spiele, die möglich sind.» Die Spiele in Japans Hauptstadt
waren im Vorjahr wegen der Pandemie auf diesen Sommer verlegt worden
und sollen am 23. Juli eröffnet werden.

Die umfangreichen Maßnahmen gegen das Coronavirus werden Coates
zufolge «dafür sorgen, dass alle Teilnehmer und die japanische
Bevölkerung sicher sind». Der 70-Jährige sagte in einem vom
IOC verbreiteten Video: «Die Athleten, die olympische Bewegung, die
Organisatoren und das japanische Volk werden zeigen können, dass es
ein Sieg der Menschheit über die Pandemie ist.»

Umfragen zufolge sprechen sich mehr als 70 Prozent der Japaner
derzeit für eine Absage oder erneute Verschiebung der Sommerspiele
aus. Wegen der Angst vor einer Ausbreitung des Virus bleibt
ausländischen Fans und Athletenfamilien sowie Gästen von Sponsoren
und Verbänden die Einreise nach Japan verwehrt.

Organisationschefin Hashimoto kündigte eine baldige Entscheidung
darüber an, ob und wie viele einheimische Zuschauer in den Arenen bei
Olympia und Paralympics zugelassen werden. «Alle Beschlüsse werden
insbesondere mit dem Ziel getroffen, ein sicheres Umfeld zu
garantieren, in dem die Athleten ihr Bestes geben können», sagte sie.

Tokio meldete am Mittwoch einen Anstieg der Corona-Neuinfektionen auf
591. Noch bedenklicher ist die Lage in der Präfektur Osaka, die den
Höchstwert von 1099 Infektionen zählte. Das Impftempo in Japan ist
weiter schleppend. Nur 0,4 Prozent der japanischen Bevölkerung sind
nach Angaben des Gesundheitsministeriums bislang vollständig geimpft.

IOC-Olympiadirektor Christophe Dubi gab sich dennoch zuversichtlich,
dass in der Sportwelt mit Beginn der Sommerspiele «die Emotionen noch
stärker sein werden». Erstmals treffe die weltweite Athletengemeinde
bei Olympia wieder zusammen, erklärte Dubi. Er erwarte, dass die
Olympioniken «trotz der Umstände auf der Höhe ihres
Leistungsvermögens» sein werden.