Vergleichsstudie zum Bottroper Apothekerskandal vorgestellt

Düsseldorf (dpa/lnw) - Patientinnen und Patienten, die mit
gestreckten Krebsmedikamenten aus einer Bottroper Apotheke behandelt
wurden, haben teilweise erhebliche gesundheitliche Nachteile
erlitten. Das geht aus einer Vergleichsstudie zu den
Krankheitsverläufen von Krebspatienten hervor, die
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Dienstag
vorstellte.

Die Studie des Bremer Leibniz-Institutes für Präventionsforschung und
Epidemiologie (BIPS) zeige, dass Patientinnen und Patienten der
«Alten Apotheke Bottrop» signifikant mehr Infusionen zur Behandlung
ihrer Erkrankung benötigten als Patientinnen und Patienten, die mit
Infusionen aus anderen Apotheken versorgt wurden, teilte das
Ministerium nun mit.

Auffallend sei zudem, dass bei den Patientinnen mit Brustkrebs die
Zeit bis zum Wiederauftreten von Tumoren (Rezidiv) in der Gruppe
«Alte Apotheke Bottrop» deutlich kürzer war als in der
Kontrollgruppe. Ob dies mittelfristig auch mit einer höheren
Sterberate einhergehe, könne derzeit nicht beurteilt werden, hieß es.
Im Vergleich seien hinsichtlich der Häufigkeit des erneuten
Auftretens von Brustkrebs beziehungsweise des Versterbens durch
Blut-/Lymphdrüsenkrebs im ausgewerteten Zeitraum zwischen den
Vergleichsgruppen keine Unterschiede gefunden worden.

Der Fall eines Apothekers aus Bottrop hatte vor Jahren bundesweit für
Aufsehen gesorgt. Mit der Verhaftung des ehemaligen Inhabers der
«Alten Apotheke Bottrop» Ende 2016 war bekannt geworden, dass dieser
über Jahre hinweg Krebstherapiemedikamente hergestellt und abgegeben
hatte, die eine reduzierte Wirkstoffmenge oder keinen Wirkstoff
enthielten. Das Landgericht Essen hatte den Apotheker im Prozess um
einen der größten Medizinskandale der vergangenen Jahre später zu
zwölf Jahren Haft verurteilt. Nach Überzeugung des Gerichts hatte er
jahrelang lebenswichtige Medikamente seiner Patienten gestreckt, um
seinen luxuriösen Lebensstil zu finanzieren. Mindestens 14 500
Arzneimittel sollen zwischen 2012 und 2016 unterdosiert gewesen sein.

Der Prozess hatte aber keine sicheren Erkenntnisse zu den Folgen der
unterdosierten Chemotherapien für die Patienten erbracht. Als Folge
des Skandals war auch die Überwachung der NRW-Apotheken verschärft
worden.

«Bei dem Fall des Bottroper Apothekers handelt es sich um ein
unfassbares Verbrechen, dass mich zutiefst erschüttert hat. Das
Vertrauen in eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung wurde durch
diesen Fall schwer beschädigt», sagte Laumann, der die Studie nach
Bekanntwerden des Skandals in Auftrag gegeben hatte.

Studienleiterin Ulrike Haug vom BIPS betonte, dass es sich um die
Ergebnisse des Gruppenvergleichs handle. «Es kann daraus nicht
geschlossen werden, dass die unterdosierten Zubereitungen aus der
Apotheke Bottrop bei keinem der betroffenen Patienten zu einem
ungünstigeren Krankheitsverlauf geführt haben.» Man solle aber auch
bedenken, dass die längerfristigen Auswirkungen noch nicht
abschließend beurteilt werden konnten.