) Mehr Freiheiten für Geimpfte - Kinder müssen keine FFP2-Maske tragen

Wer zweimal gegen Corona geimpft ist, soll in Berlin mehr Freiheiten
bekommen. An anderer Stelle wird die geltende Verordnung leicht
verschärft. Der Senat stellt sich auf weitere Anpassungen ein.

Berlin (dpa/bb) - Menschen in Berlin, die schon zweimal gegen Corona
geimpft wurden, sollen bald etwas mehr Freiheiten bekommen. Sie
werden künftig wie solche mit einem negativen Test behandelt, wie der
Senat am Dienstag beschloss. Damit dürfen sie ohne vorherigen
Corona-Test auch abseits des Lebensmittelhandels Einkaufen gehen,
einen Friseur- oder Kosmetiksalon, ein Museum oder eine Ausstellung
besuchen. Gelten soll das 15 Tage nach der Zweitimpfung. Als Nachweis
gilt der Impfpass. Anders als für Geimpfte gilt die neue Regel nicht
für Menschen, die bereits an Corona erkrankt waren und als genesen
gelten.

Beschlossen wurden weitere kleinere Anpassungen der
Corona-Verordnung. So gilt die Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken
künftig erst ab 14 Jahren. Für Kinder zwischen 6 und 14 Jahren reicht
eine normale OP-Maske, wie Senatssprecherin Melanie Reinsch
mitteilte. Kunden von Fahrschulen müssen künftig außerdem ein
negatives Testergebnis vorlegen, wenn sie zur Fahrstunde kommen.
Generell gilt: Überall da, wo ein negatives Testergebnis
vorgeschrieben ist, sind Kinder bis zum vollendeten 6. Lebensjahr
ausgenommen. Das war bisher in der Ordnung nicht geregelt.

Die Verordnung erlaubt Kindern Sport im Freien in festen Gruppen von
maximal 20 anwesenden Personen plus einer betreuenden Person. Bisher
galt für die Kinder ein Höchstalter von 12 Jahren, künftig sind es 14

Jahre. Die neuen Regelungen treten voraussichtlich am Wochenende in
Kraft.

Debatten über eine komplette Rückkehr zur Normalität für geimpfte
Menschen hält Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci angesichts der
angespannten Corona-Lage derzeit nicht für angezeigt. Es mache
absolut Sinn, im Falle eines vollständigen Impfschutzes auf einen
negativen Schnelltest zu verzichten, twitterte die SPD-Politikerin.
Denn laut Robert Koch-Institut sei das Übertragungsrisiko bei
vollständig Geimpften geringer. «Ich warne jedoch vor der verfrühten

Diskussion von Privilegien», so Kalayci.

«Erst mit einem relevanten Impfschutz der Bevölkerung und dem
Überwinden der 3. Welle kann ein Stück Normalität für Geimpfte in
Aussicht gestellt werden», fuhr sie fort. Wann genau Licht am Ende
des Tunnels zu sehen sei, hänge von der schnelleren Verfügbarkeit von
Impfstoffen ab.

Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) twitterte, sie sei froh über
den Senatsbeschluss zu geimpften Menschen. «Weil sie für die
Infektionen keine Rolle mehr spielen, darf man sie auch nicht weiter
einschränken.» Der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh teilt diese
Einschätzung: «Wenn von geimpften Menschen genauso wenig eine
Ansteckungsgefahr ausgeht wie von Getesteten, dann müssen sie
schnellstmöglich auch wie Getestete behandelt werden», sagte er. «Wir

folgen damit den Empfehlungen des RKI.»

Das Robert Koch-Institut (RKI) hatte Anfang April in einem Bericht an
das Bundesgesundheitsministerium erklärt, «dass Geimpfte bei der
Epidemiologie der Erkrankung wahrscheinlich keine wesentliche Rolle
mehr spielen». Die Einschätzung bezieht sich auf das
Übertragungsrisiko «spätestens zum Zeitpunkt ab dem 15. Tag nach Gabe

der zweiten Impfdosis». Rechtsexperten sind sich schon länger darin
einig, dass an einer schrittweisen Lockerung der
Grundrechtsbeschränkungen für Geimpfte kein Weg vorbeiführt.

Nach RKI-Angaben wurden in Berlin bisher 7,3 Prozent der Bevölkerung
zweimal geimpft, etwa 16,6 Prozent mindestens einmal (Stand Dienstag,
8.00 Uhr). Dazu zählen vor allem Menschen über 60, medizinisches und
Pflegepersonal, Menschen mit bestimmten schweren oder chronischen
Erkrankungen, aber zum Beispiel auch Polizisten, Lehrer und
Kita-Erzieher.

Unabhängig von der neuen Regelung zu Geimpften verlängerte der Senat
erneut den Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Bisher war
die aktuelle, am 2. April in Kraft getretene Verordnung zur
Pandemiebekämpfung bis einschließlich Sonntag (18.4.) befristet.
Nunmehr soll sie bis zu drei Wochen länger greifen.

Damit werden zum Beispiel auch Kontaktbeschränkungen verlängert: Im
Freien dürfen sich maximal fünf Personen aus zwei Haushalten plus
Kinder bis 14 Jahren treffen. Nachts ist der Aufenthalt im Freien nur
allein oder zu zweit gestattet - auch hier werden Kinder nicht
mitgezählt. Beim Einkaufen in Geschäften gelten Beschränkungen,
Restaurants bleiben geschlossen, Hotelübernachtungen sind untersagt.

Allerdings dürften diese Regeln nicht mehr allzu lange gelten: Das
Bundeskabinett beschloss am Dienstag Änderungen am
Infektionsschutzgesetz mit dem Ziel, die Corona-Regeln in Deutschland
zu vereinheitlichen und eine bundesweit verbindliche Notbremse für
Regionen einzuziehen, in denen die Inzidenz bei 100 Infizierten pro
100 000 binnen einer Woche oder höher liegt. In Berlin ist das
derzeit der Fall.

Sollte die Notbremse in der Hauptstadt zum Tragen kommen, müssten
sich die Berlinerinnen und Berliner nicht nur auf die erneute
Schließung vieler derzeit geöffneter Geschäfte einstellen, sondern
auf nächtliche Ausgangssperren. So soll von 21.00 bis 5.00 Uhr der
Aufenthalt außerhalb einer Wohnung oder eines dazugehörigen Gartens
im Grundsatz nicht mehr erlaubt sein, es soll aber Ausnahmen geben.

Noch in dieser Woche will der Senat zu einer Sondersitzung
zusammenkommen. Dabei wird es vor allem um die Frage gehen, wie sich
die auf Bundesebene geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes
in Berlin umsetzen lassen. Ein Termin für die Sitzung ist noch offen.