US-Behörden empfehlen Aussetzung von Johnson & Johnson-Impfungen

In Deutschland und einigen anderen EU-Ländern waren im März die
Impfungen mit dem Astrazeneca-Impfstoff vorübergehend ausgesetzt
worden. Die USA stoppen nun Impfungen eines anderen Herstellers. Ist
das zugrundeliegende Problem das gleiche?

Silver Spring (dpa) - Die Behörden in den USA haben eine
vorübergehende Aussetzung der Impfungen mit dem Wirkstoff von Johnson
& Johnson empfohlen, nachdem bei sechs Menschen im Land danach
Sinusvenenthrombosen erfasst wurden. Das teilten die
Gesundheitsbehörde CDC und die Arzneimittelbehörde FDA am Dienstag
in
einer gemeinsamen Stellungnahme mit. Die Fälle würden nun genauer
untersucht. Bis ein Ergebnis vorliege, werde als Vorsichtsmaßnahme
die vorübergehende Aussetzung der Impfungen mit Johnson & Johnson
empfohlen. Ob die neuen Erkenntnisse Auswirkungen auf die Impfungen
mit dem Präparat in der EU haben werden, war zunächst noch unklar.

Bislang seien mehr als 6,8 Millionen Dosen des Impfstoffes, der Ende
Februar in den USA zugelassen worden war und von dem es nur eine
Dosis braucht, in den USA gespritzt worden. Derzeit würden sechs
Fälle untersucht, bei denen es zwischen 6 und 13 Tagen danach zu
Sinusvenenthrombosen gekommen war. In drei Fällen sei zusätzlich eine
Thrombozytopenie, also ein Mangel an Blutplättchen, gemeldet worden.
Betroffen seien Frauen im Alter zwischen 18 und 48 Jahren.

Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte vergangene Woche
mitgeteilt, Fälle von Thrombosen nach einer Impfung mit dem Vakzin
von Johnson & Johnson zu prüfen. Es seien vier ernsthafte Fälle von
Blutgerinnseln aufgetreten, eine Person sei gestorben. Die Behörde
hatte betont, dass ein Zusammenhang mit dem Impfstoff des
US-Herstellers noch nicht festgestellt worden sei.

Am Montag hatte Johnson & Johnson mit der Lieferung seines im März
zugelassenen Impfstoffes in die EU-Staaten begonnen. Die Brüsseler
Behörde erwartet bis Ende Juni 55 Millionen Dosen des Impfstoffs. Gut
10 Millionen Dosen sollen nach Deutschland gehen.

Im März hatte Deutschland Impfungen mit dem Produkt des Herstellers
Astrazeneca vorübergehend ausgesetzt, nach dem das
Paul-Ehrlich-Institut (PEI) ein entsprechendes Vorgehen empfohlen
hatte. Auch einige andere europäische Länder stoppten die Impfungen
zunächst. Hintergrund war eine auffällige Häufung von
Sinusvenenthrombosen in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen
(Thrombozytopenie) und Blutungen kurz nach der Impfung.

Wieso es bei sehr wenigen Geimpften zu dieser schweren Nebenwirkung
kommt, ist bislang unklar. Der Greifswalder Forscher Andreas
Greinacher macht das Auftreten bestimmter Antikörper für die
Thrombosen verantwortlich. Es sei denkbar, dass die Betroffenen etwas
in ihrem Körper hätten, was sie dafür anfällig mache, diese
speziellen Antikörper zu produzieren. Was das sei, sei noch unklar,
erklärte er kürzlich.

Die Impfstoffe von Johnson & Johnson und von Astrazeneca sind
sogenannte vektorbasierte Impfstoffe. Sie nutzen ein harmloses Virus,
um Erbinformationen des Coronavirus in den Körper zu schleusen. Mit
Hilfe dieser Informationen wird im Körper des Geimpften ein
Viruseiweiß gebildet, genauer gesagt das Spike-Protein auf der
Oberfläche des Coronavirus.

Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für
Immunologie, hatte kürzlich auf Twitter die Vermutung geäußert, dass

die Adenoviren, die in beiden Impfstoffen eingesetzt werden, die
Nebenwirkungen verursachen. Er wies darauf hin, dass es für Menschen
unter 60 Jahren nicht genügend alternative mRNA-Impfstoffe gebe.