Immer weniger freie Intensivbetten in Sachsen-Anhalt

Die Intensivbetten in Sachsen-Anhalt werden knapper. Und
Krankenhäuser und Ärzte warnen: Noch sei die Situation beherrschbar,
aber der aktuelle Trend müsse gebrochen werden.

Halle/Magdeburg (dpa/sa) - Seit Wochen zeigt die Kurve der
intensivmedizinisch behandelten Covid-19-Fälle in Sachsen-Anhalt
steil nach oben. Zuletzt gab es laut Erhebungen der Deutschen
Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin
(Divi) 135 solcher Fälle landesweit - so viele wie zuletzt Mitte
Februar. Und der Trend scheint ungebrochen.

Am Montag meldete die Stadt Halle eine Vollauslastung der
Intensivbetten. «Eine weitere Aufnahme von Covid-Intensivpatienten
ist aktuell nicht mehr möglich», hieß es. Im Burgenlandkreis sind
bereits seit einer Woche die Intensivbetten voll. Dessen ungeachtet
spricht die Krankenhausgesellschaft des Landes von einer
«beherrschbaren» Situation. «Die Lage ist ernst, aber nicht
bedrohlich und zudem regional unterschiedlich», teilte eine
Sprecherin der Krankenhausgesellschaft auf Anfrage der Deutschen
Presse-Agentur am Dienstag mit.

«Die Kliniken des Landes seien in den beiden Versorgungsclustern Nord
und Süd unter Federführung der beiden Universitätsklinika Magdeburg
und Halle gut vernetzt und koordinieren miteinander täglich die
stationäre Versorgung von Covid-Patienten», sagte die Sprecherin.
Auch greife im Überlastungsfall das sogenannte Kleeblatt-Verfahren,
bei dem länderübergreifende Verlegungen zwischen den Kliniken
organisiert würden.

Zu Wochenbeginn waren laut Lagebericht des Sozialministeriums
landesweit 268 Krankenhausbetten für Covid-19-Patienten frei und 477
belegt. An Intensivbetten im Land waren insgesamt 110 frei und 707
belegt. Der Blick auf Zahlen des Divi zeigt, dass der Anteil der
Covid-19-Patienten an der Gesamtzahl der Intensivbetten in
Sachsen-Anhalt nur bei etwas mehr als 17 Prozent liegt. Der Anteil
der freien Intensivbetten im Land beträgt 11 Prozent.

Diese Zahlen lassen die Mediziner trotz einer Notreserve und der
möglichen Verlegung von Patienten aufhorchen. Auch in anderen
benachbarten Bundesländern sei die Situation kritisch, sagte Hendrik
Liedtke, Ärztlicher Direktor des Elisabeth-Krankenhauses in Halle
jüngst der «Mitteldeutschen Zeitung». In Thüringen ist nach Angaben

der Divi beispielsweise aktuell nicht einmal eines von zehn
Intensivbetten frei.

Die Zahl der Corona-Intensivpatienten nehme schneller zu als ohnehin
erwartet, warnen die Intensivmediziner der Divi. Die Welle der
Patienten sei der Welle der Infektionen etwa 10 bis 14 Tage
nachgelagert, schrieb ein Divi-Sprecher. «Solange die Infektionen
also weiter hoch bleiben, werden wir das auch auf den
Intensivstationen spüren.»

Da die Versorgungssituation im stationären Bereich in der Stadt Halle
derzeit relativ angespannt ist, versuchen die Kliniken bereits
ihrerseits gegenzusteuern. So habe die Universitätsmedizin Halle
kurzfristig entschieden, die Intensivkapazitäten für
Covid-19-Patienten weiter aufzubauen, teilte eine Sprecherin am
Dienstag mit.

«Die angespannte Versorgungssituation liegt zum einen an einer sehr
hohen Nachfrage für die dringliche Versorgung von
Non-Covid-19-Patienten, die noch aus zum Teil verschobenen Eingriffen
und Behandlungen durch die zweite Covid-Welle resultiert», erklärte
die Sprecherin. Zum anderen ergebe sie sich aus dem wieder
ansteigenden Bedarf an Intensivbehandlungen für Covid-19-Patienten
der dritten Welle.

Diese dritte Welle schwappe derzeit in die Kliniken, «wo eigentlich
die Pflegekräfte dringend mal eine Pause bräuchten», schrieb kürzli
ch
die Divi. So werde täglich Patient um Patient verlegt, um Platz zu
schaffen. Eindringlich warnen die Mediziner, auch wenn sie den Gau
noch nicht kommen sehen: «Den großen Knall, den absoluten Notfall,
den wird es in Deutschland so schnell nicht geben - weil im
Hintergrund sehr viele Menschen so unheimlich hart arbeiten.»
Trotzdem sei die Situation absolut kritisch.