Corona-Tests am Arbeitsplatz - Was auf die Unternehmen zukommt Von Jennifer Weese und Theresa Münch, dpa

Für viele Schüler ist es längst normal, jetzt sollen auch
Beschäftigte einfacher an einen Corona-Test kommen - bezahlt von der
Firma. Die Wirtschaft ist nicht begeistert. Wissenschaftler dagegen
würden gern noch weiter gehen.

Berlin (dpa) - Vehement hatte sich die Wirtschaft dagegen gestemmt -
und in Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zunächst einen
Verbündeten. Jetzt müssen bald doch alle Unternehmen verpflichtend
Corona-Tests anbieten. Die Arbeitgeber werten das als
Misstrauenserklärung. Doch aus Sicht von Wissenschaftlern reichen die
einmal wöchentlichen Tests noch lange nicht aus.

Was plant die Bundesregierung und warum kommt das jetzt?

Vor allem die SPD hatte darauf gedrungen, dass die Unternehmen zu den
Testangeboten verpflichtet werden. Die Union, die das zunächst nicht
wollte, macht dem Vernehmen nach jetzt mit, weil sie ein anderes
Vorhaben nicht aufs Spiel setzen will: Im Paket mit der
Testangebotspflicht sollen am Dienstag die bundeseinheitlichen Regeln
zum Brechen der dritten Corona-Welle im Kabinett beschlossen werden.
Die Test-Regelung, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, sieht
vor, dass alle Mitarbeiter, die nicht im Homeoffice sind, das Recht
auf einen Corona-Test pro Woche bekommen. Wer viel engen
Kundenkontakt hat oder in Gemeinschaftsunterkünften lebt, soll
Anspruch auf zwei Tests haben.

Was sollen die Tests bringen und reicht ein Test pro Woche aus?

Die Schnell- oder Selbsttests sollen helfen, Corona-Infizierte zu
entdecken, die noch keine deutlichen Symptome spüren. Aus
wissenschaftlicher Sicht können sie eine Infektion allerdings nicht
grundsätzlich ausschließen. Selbst bei korrekter Anwendung sei es bei
einem negativen Test «lediglich weniger wahrscheinlich» für andere
ansteckend zu sein, erklärt das Robert-Koch-Institut. Vor allem bei
Infizierten ohne Symptome besteht durchaus die Gefahr
falsch-negativer Ergebnisse. Unklar ist jedoch, ob man dann für
andere überhaupt ansteckend ist oder nicht. Wissenschaftler weisen
auch darauf hin, dass die Tests nur Momentaufnahmen sind. Die
Testergebnisse sind nur für etwa einen Tag aussagekräftig. Ob ein
wöchentlicher Test im Büro ausreicht, wird daher von vielen
bezweifelt.

Was bedeutet eine Testpflicht für die Unternehmen?

Die Arbeitgeber sollen die Tests allen Beschäftigten zur Verfügung
stellen, die nicht im Homeoffice arbeiten. Dabei müssen sie jedoch
nicht dokumentieren, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die
Tests auch in Anspruch nehmen. Es würde also ausreichen, den
Beschäftigten einfach Selbsttests nach Hause zu schicken oder
Selbsttests für alle zugänglich im Büro zu deponieren. Der
Wirtschaftsrat der CDU rechnet damit, dass die Tests die deutschen
Unternehmen monatlich mehr als sieben Milliarden Euro kosten. Manche
kleine und mittelständische Unternehmen könnten sich den Aufwand
nicht leisten. Viele Firmen können aber Hilfen beantragen: Für
Schnelltests gibt es über die Überbrückungshilfe III eine Förderung
.

Wie viele Unternehmen bieten ohnehin schon Tests an?

Nach einer Umfrage im Auftrag der Bundesregierung hatten zuletzt 61
Prozent der Beschäftigten einen Arbeitgeber, der Corona-Tests
anbietet. Weitere Arbeitgeber hätten den Mitarbeitern Tests in
Aussicht gestellt. Nehme man diese Gruppe hinzu, erhielten etwa 70
Prozent der Beschäftigten ein Testangebot oder es sei ihnen zumindest
angekündigt worden. Die Bundesregierung hält das nicht für
ausreichend und gab als Zielmarke bisher 90 Prozent aus.

Wie kommen die Unternehmen an die Tests?

Da sieht die Wirtschaft bisher ein Problem. In einem Brief an das
Kanzleramt betonen die großen Verbände, jedes dritte Unternehmen
berichte von Schwierigkeiten bei der Verfügbarkeit. Bund und Länder
hätten viele der Tests auf dem Markt bereits für die Schüler
reserviert. Die Verbände fordern deshalb, Tests aus nicht genutzten
Kontingenten kostengünstig den Firmen zur Verfügung zu stellen.
Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Wochenende in der «Frankfurter
Allgemeinen Zeitung» betont: «Es sind auf dem Markt mittlerweile
genügend Tests verfügbar. Man muss sich darum aber kümmern. Wer jetzt

erst anfängt, Angebote einzuholen, der braucht wahrscheinlich eine
Anlaufzeit von zwei oder drei Wochen. Mehr aber auch nicht.»

Was sagt die Wirtschaft dazu?

Wirtschaftsverbände sind von einer Testpflicht alles andere als
begeistert. BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter spricht von
einer «Misstrauenserklärung gegenüber den Unternehmen und ihren
Beschäftigten». Die Testpflicht diskreditiere das freiwillige
Engagement der Unternehmen. «Wir sind davon überzeugt, dass die
Wirtschaft, die wir ja schließlich alle sind, stets Teil einer
Problemlösung sein sollte», betonte er.

Wie hoch ist die Ansteckungsgefahr im Büro überhaupt?

Führende Aerosol-Forscher aus Deutschland betonen, Sars-CoV-2 werde
fast ausnahmslos in Innenräumen übertragen. Anstecken kann man sich
demnach nicht nur beim direkten Treffen mit einem Infizierten,
sondern auch in einem leeren, schlecht belüfteten Raum, in dem sich
vorher ein Infektiöser aufhielt. Berliner Mobilitätsforscher fordern
deshalb, dass man Mehrpersonenbüros nur noch mit gültigem Schnelltest
oder nach Impfung betreten darf - oder alle müssten FFP2-Maske
tragen. Die Bundesregierung will zumindest die Pflicht verlängern, wo
immer möglich Arbeitnehmern die Arbeit im Homeoffice zu erlauben.