Astrazeneca-Impftermine oft ohne Absage nicht wahrgenommen

Die Verunsicherung ist teils so groß, dass Menschen ihren Impftermin
mit dem Corona-Impfstoff von Astrazeneca nicht wahrnehmen. Oft sagen
sie nicht ab. Die Impfzentren versuchen mit «Impfbrücken» dennoch
alle Termine zu vergeben und die vorhandenen Dosen zu spritzen.

Wiesbaden (dpa/lhe) - Viele Corona-Impftermine in hessischen
Impfzentren werden nach wie vor nicht wahrgenommen - und dann auch
nicht abgesagt. «Natürlich muss einen das besorgen», sagte
Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) am Montagabend in Wiesbaden.
Das Oberziel müsse ja sein, dass «wir so schnell wie möglich weite
Teile der Bevölkerung impfen». Er könne Menschen verstehen, die
verunsichert seien, sagte Bouffier.

Der Ministerpräsident verwies auf Nachrückerlisten, die von
Impfzentren angelegt wurden, damit frei gewordene Termine genutzt
werden können. Bouffier kündigte an, das Thema mit den kommunalen
Spitzenverbänden zu besprechen.

Wie die Stadt Wiesbaden auf Anfrage mitteilte, wird jeder vierte
Impftermin nicht wahrgenommen und von diesen fast alle (95 Prozent)
nicht vorher abgesagt. Wenn eine Stornierung erfolgt, dann werde als
Grund meistens genannt, dass der Impfstoff der Firma Astrazeneca
gespritzt werden sollte.

Damit kein Impfstoff ungenutzt bleibe, gebe es eine Notfallliste,
erläuterte die Stadtverwaltung Wiesbaden. Außerdem werde die
Terminplanung täglich nachgesteuert. Auch in Darmstadt wird eine
solche Liste angelegt, wie die Stadt mitteilte. Aufgenommen werden
jedoch nur die Namen von den Menschen, die zu den beiden oberen
Priorisierungsgruppen gehören. Verimpft wird ausschließlich
Astrazeneca. Laut Stadt bleiben derzeit pro Tag nur wenige Dosen
übrig.

«Auch am Wochenende wurden leider Termine nicht wahrgenommen», teilte
der Landkreis Darmstadt-Dieburg mit. Die Kommune hatte vergangene
Woche berichtet, dass rund 40 bis 50 Prozent der Impftermine mit dem
Impfstoff Astrazeneca nicht wahrgenommen werden. Oft werde nicht
abgesagt. Diese offenen Impftermine und -stoffe würden wieder in die
Terminvergabe des Landes eingegeben, teilte eine Sprecherin mit.

Um abgesagte Termine schnell neu vergeben zu können, habe der Kreis
Darmstadt-Dieburg nun das Buchungsportal «Ärmel hoch im LaDaDi»
eingerichtet, teilte die Kreisverwaltung mit. Darüber könnten sich
Impfberechtigte der Gruppen 1 und 2 ab sofort registrieren, um einen
abgesagten Termin zu übernehmen. Mit dieser «eigenen Terminplattform»

könnten Bürger, die beim Land bereits für eine Impfung registriert
sind, kurzfristig einen Termin bekommen.

Im Impfzentrum für den Main-Taunus-Kreis in Hattersheim liegt die
Quote der nicht wahrgenommenen Impftermine für Astrazeneca bei 30
Prozent, wie das Deutsche Rote Kreuz (DRK) mitteilte, das das Zentrum
mitbetreut. Die Termine würden nicht abgesagt. Es werde
vorausschauend eine Überbuchung vorgenommen. «Ergänzend arbeiten wir

mit der Impfbrücke - ein Portal, bei welchem sich Impfwillige aus
Prio 1 und 2 anmelden können und dann kurzfristig per SMS informiert
werden, wenn Impfdosen zur Verfügung stehen.» Hier sei schnelles
Handeln erforderlich - da der Impfstoff zeitnah gespritzt weden
müsse. Die Verfallszeit liege in der Regel 45 Minuten. Bisher hätten
über die Impfbrücke alle Dosen verteilt werden können.

Weil immer wieder «aus verschiedenen Gründen» Impftermine nicht
wahrgenommen werden, hat auch der Kreis Gießen ein eigenes
Online-Buchungsportal namens «Impfbrücke» freigeschaltet. So sollen
nach Angaben der Kreisverwaltung abgesagte Termine schnell und
unkompliziert neu vergeben und ein unnötiges Lagern - oder Vernichten
- von Impfstoff verhindert werden. Für Impfberechtigte bedeute das
die Chance, einen abgesagten Termin zu übernehmen und ihre Impfung
früher zu erhalten.

Das Angebot gilt auch im Kreis Gießen für Menschen, die zur ersten
oder zweiten Priorisierungsgruppe gehören und sich bereits beim
Terminvergabeportal des Landes Hessen registriert haben. Seit Sonntag
ist eine Anmeldung möglich - und die Resonanz sei «ausgesprochen
gut», berichtete ein Kreissprecher. Innerhalb weniger Minuten nach
dem Start seien 480 Termine vergeben worden. Verabreicht wird derzeit
ausschließlich der Stoff von Astrazeneca.

Im Impfzentrum Frankfurt hätten in den vergangenen vier Tagen
zwischen 25 und 40 Prozent der gebuchten Impftermine mit Astrazeneca
nicht stattgefunden, teilte das DRK weiter mit. Das Gesundheitsamt
und das DRK Frankfurt arbeiteten aktuell an einer
Restdosen-Warteliste inklusive Registrierung. «Registrierte Personen
werden dann kurzfristig informiert, sobald eine Impfdosis zur
Verfügung steht.» Aktuell blieben nur sehr wenige Impfdosen am Tag
übrig.

Im Impfzentrum Odenwaldkreis in Erbach ist nach Angaben des DRK eine
«Bürgerliste» beim Landratsamt geplant, auf der man sich als
potenzieller Nachrücker eintragen kann. Bis jetzt habe in diesem
Impfzentrum kein Impfstoff verworfen werden müssen, alle Dosen
konnten gespritzt werden, teilte das DRK mit.