Wegen höherer Inzidenz weitet Saarland Testpflicht aus

Die Ampel im Saarland-Modell steht nun auf Gelb: Da die Zahlen
gestiegen sind, müssen Kunden auch im Einzelhandel oder bei Friseuren
einen negativen Test vorweisen. Das stößt auch auf Kritik.

Saarbrücken (dpa/lrs) - Eine knappe Woche nach dem Start des
umstrittenen Öffnungsmodells im Saarland ist wegen gestiegener
Infektionszahlen nachgeschärft worden: Seit Montag gilt eine
erweiterte Testpflicht, nachdem die Sieben-Tage-Inzidenz drei Tage in
Folge über 100 gelegen hatte. Heißt konkret: Nun müssen auch Kunden
im Einzelhandel, bei Friseuren oder bei Kosmetikern ein negatives
Schnelltest-Ergebnis vorlegen, das nicht älter als 24 Stunden sein
darf. Ausgenommen sind nur Läden des täglichen Bedarfs wie
Supermärkte sowie Banken oder medizinische Behandlungen.

Damit ist im bundesweit beachteten «Saarland-Modell» die Ampel auf
Gelb gesprungen. «Wenn das Infektionsgeschehen nicht unter Kontrolle
bleibt und dem Gesundheitssystem eine Überlastung droht, werden wir,
ohne zu zögern auf Stufe Rot stellen und die Notbremse ziehen»,
teilte die saarländische Gesundheitsministerin Monika Bachmann
(CDU) nach dem Beschluss der Landesregierung vom Sonntagabend mit.
Dann würden Öffnungen kassiert - es folgt ein Lockdown.

Das Saarland-Modell könnte aber auch mit der geplanten
bundeseinheitlichen Notbremse für Landkreise ab einer Inzidenz von
100 ausgebremst werden. Lockerungen müssten dann zurückgedreht
werden, nächtliche Ausgangsbeschränkungen sind im Gespräch. Am
Sonntag lag im Saarland in vier von sechs Kreisen die Inzidenz über
100. Die landesweite Inzidenz, also die Neuinfektionen je 100 000
Einwohner innerhalb der vergangenen 7 Tage, betrug 121,1.

Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hatte Ende vergangener
Woche mit Blick auf eine Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes
von «Entscheidungsspielräumen» für die Länder gesprochen. Er nehm
e
die sogenannte Notbremse ernst: Sie werde im Saarland unter
Berücksichtigung des R-Werts und der Lage in den Krankenhäusern
greifen, wenn sich die Situation verschärfe.

Seit Dienstag läuft im Saarland nahe der französischen Grenze ein
Corona-Modellprojekt, das auf Öffnungen auf der Basis von
Schnelltests setzt. Neben der Außengastronomie durften unter anderem
auch Fitnessstudios und Theater wieder öffnen - für jene, die einen
tagesaktuellen negativen Test dabei haben. Mit dem Modell will die
Landesregierung den Bürgern wieder mehr Freiheiten ermöglichen.

Dass die Kunden nun auch beim Friseur einen negativen Test dabei
haben müssen, stößt bei der Landesinnung Friseure und Kosmetik
Saarland auf Kritik. «Es ist nicht nur mehr Aufwand, mehr Arbeit,
sondern auch eine zusätzliche Umsatzeinbuße», sagte Geschäftsführ
er
Mirko Karkowsky in Saarbrücken. Es hätten «reihenweise» Kunden
Termine abgesagt, unter anderem weil ihnen der Aufwand eines Tests zu
hoch sei. Dies sei für die Branche, in der derzeit noch etliche
Betriebe um Überleben kämpften, «katastrophal».

In den Geschäften des Einzelhandels versuche man mit der Testpflicht
konstruktiv umzugehen, sagte der Vorsitzende des Vereins für Handel
und Gewerbe Saarbrücken, Michael Genth. «Bisher haben wir gezählt,
wie viele Kunden reingekommen sind. Jetzt brauchen die Kunden noch
einen Test dazu.» Man solle das Shoppen «als Belohnung» für einen
negativen Test sehen. Sinnvoll sei es, mehr zu digitalisieren -
sodass die Kunden ihr Ergebnis aufs Smartphone bekämen.

Das an das Saarland angrenzende französische Gebiet Moselle gilt seit
dem 2. März laut Robert Koch-Institut als Virusvariantengebiet:
Einreisende müssen einen negativen Corona-Test vorweisen, der nicht
älter als 48 Stunden ist. Ein Schnelltest ist ausreichend. Dies gilt
auch für Pendler. Im Gebiet Moselle hatte die Sieben-Tage-Inzidenz
Ende vergangener Woche bei 255 gelegen. Das Saarland hatte 81 900
zusätzliche Impfdosen aus dem EU-Kontingent für Grenzregionen
bekommen.