NRW-Koalition noch uneins über neues Infektionsschutzgesetz

Düsseldorf/Berlin (dpa/lnw) - Die FDP in Nordrhein-Westfalen will ein
Infektionsschutzgesetz mit pauschalen nächtlichen
Ausgangsbeschränkungen nicht mittragen. Der derzeitige Entwurf mit
der geplanten bundeseinheitlichen «Notbremse» habe «ganz erhebliche
Mängel», sagte der stellvertretende Ministerpräsident und
FDP-Landeschef Joachim Stamp am Montag im WDR-2-Interview.

Einem Ehepaar einen abendlichen Spaziergang zu verbieten, aber
gleichzeitig Religionsgemeinschaften weiterhin «Zusammenkünfte mit
zig Leuten im geschlossenen Raum» zu erlauben, habe keine Logik,
kritisierte Stamp. Jetzt dürfe der Bevölkerung nicht mit
«bundesweitem Aktionismus» vorgegaukelt werden, dass solche Maßnahmen

angeblich etwas brächten, obgleich viele Experten anderer Meinung
seien.

Wenn die FDP während der auf Hochtouren laufenden Überarbeitung des
Gesetzentwurfs weiterhin der Überzeugung sei, «dass das ungeeignet
ist zur Bekämpfung des Infektionsgeschehens», dann werde es aus NRW
eine Enthaltung im Bundesrat geben, kündigte Stamp an. Auch
Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte bereits am Sonntagabend
im ARD-«Bericht aus Berlin» dazu festgestellt: «Wenn in einer
Koalition eine Koalitionspartner eine andere Meinung hat, muss man
sich enthalten.» Faktisch wirken sich Stimmenthaltungen im Bundesrat
wie ein Nein aus.

Laschet plädierte für zügige bundeseinheitliche Vorschriften. Es wird

erwartet, dass das NRW-Kabinett sich an diesem Dienstag abstimmt.
Umstritten ist noch, ob es sich bei der Infektionsschutz-Novelle um
ein Zustimmungsgesetz mit nötigem Votum des Bundesrats handelt oder
um ein sogenanntes Einspruchsgesetz, wo dies nicht erforderlich wäre.

In einer Formulierungshilfe des Bundes werden mehrere Maßnahmen für
Landkreise vorgeschlagen, in denen binnen einer Woche eine Inzidenz
von 100 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner oder mehr registriert
wird. Vorgesehen sind etwa nächtliche Ausgangsbeschränkungen von
21.00 bis 5.00 Uhr, mit nur wenigen Ausnahmen, etwa medizinische
Notfälle oder Wege zur Arbeit, nicht aber Abendspaziergänge.