Suspendierung von Halles Oberbürgermeister tritt in Kraft

Halle (dpa/sa) - Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos)
ist am Montag auf unbestimmte Zeit vom Dienst suspendiert worden. Der
Grund dafür ist die vorzeitige Impfung Wiegands gegen das Coronavirus
und das dadurch gestörte Vertrauensverhältnis zum Stadtrat.

Die Verfügung des im Stadtrat von Halle getroffenen Beschlusses sei
ihm am Montag von der Stadtratsvorsitzenden Katja Müller (Linke)
persönlich übergeben worden, teilte diese mit. Der Beschluss trete
sofort in Kraft.

Wiegand könne die Verfügung und auch den sofortigen Vollzug
anfechten, sagte Müller. Sie gehe davon aus, dass der OB rechtliche
Schritte einleiten werde. Die Übergabe der Verfügung sei jedoch sehr
«sachlich und vernünftig» gewesen, betonte Müller.

Die Stadtratsfraktionen der FDP, Linken, Grünen, SPD und CDU betonten
in einem gemeinsamen Schreiben, dass dieser gravierende Schritt
«weder Anlass für Jubel noch für Schadenfreude» gebe. Das Verbot de
r
Dienstgeschäfte des OB sei «zweifelsohne Ausdruck einer schweren
kommunalpolitischen Krise in der Stadt Halle». Gleichwohl sei der
Beschluss des Stadtrates ein «richtiger und notwendiger Schritt, um
die vollständige Aufklärung der halleschen Impfaffäre
herbeizuführen».

Der Stadtrat in Halle hatte am Mittwoch auf einer Sondersitzung
beschlossen, Wiegand zu suspendieren. Eine Mehrheit von 34 der
anwesenden 48 Stadträte stimmte für die Suspendierung. Wiegand selbst
war bei der Sitzung nicht anwesend und hatte bis zum Sonntag Urlaub
beantragt.

Der OB hatte die Vorwürfe gegen ihn zurückgewiesen, ebenso
Rücktrittsforderungen. Der Impfstoff sei übrig gewesen und wäre
ansonsten im Müll gelandet, argumentierte er. Er hatte seine
vorzeitige Impfung im Januar erst Wochen später öffentlich gemacht.
Gegenüber dem Stadtrat und in der Öffentlichkeit verstrickte er sich
in Widersprüche, als es um die konkreten Umstände und zeitlichen
Abläufe der Impfung ging.

Die Staatsanwaltschaft Halle ermittelt gegen Wiegand wegen
veruntreuender Unterschlagung von Impfdosen. Ein Disziplinarverfahren
gegen den Oberbürgermeister wegen der Impfaffäre ist beim
Landesverwaltungsamt anhängig. Nach der von Bund und Land
festgelegten Dringlichkeit der Berechtigten wäre Wiegand (64) im
Januar mit einer Impfung noch nicht an der Reihe gewesen.