Innenausschuss diskutiert über Verbot des «Querdenker»-Protests

Nach dem Streit um den Stuttgarter Massenprotest gegen die
Corona-Politik zieht der Landtag die Debatte um ein Verbot ähnlicher
Demonstrationen an sich. Minister und der OB werden zur Rede
gestellt. Dabei scheint die Stadt ihre Lehren schon gezogen zu haben.

Stuttgart (dpa/lsw) - Die anhaltende Debatte um ein Verbot des
Stuttgarter Massenprotests gegen die Corona-Auflagen beschäftigt nun
auch die Landespolitik. Neben dem Innenministerium und Sozialminister
Manne Lucha (Grüne) wird sich auch Stuttgarts Oberbürgermeister Frank
Nopper (CDU) am Montag (14.00) in einer Sondersitzung des
Innenausschusses zum Streit der Behörden äußern. Es geht vor allem um

die Frage, warum der schließlich ausgeuferte Protest am Karsamstag
nicht von vorneherein verboten wurde - so wie es die Stadt bei den
beiden angemeldeten kommenden Protesten auch tun möchte.

Während Nopper die Erlaubnis für die Demo am Karsamstag verteidigt
und erklärt, es habe keine rechtliche Handhabe gegeben, widersprechen
ihm Kritiker auch aus der Landesregierung. Der Protest war von der
«Querdenken»-Bewegung angemeldet worden. Auf dem Cannstatter Wasen
hatten sich zeitweise bis zu 15 000 Menschen größtenteils ohne Masken
und Mindestabstand versammelt und die Stadt in große Erklärungsnot
gebracht.

Am vergangenen Donnerstagabend untersagte die Stadt zwei weitere, für
den 17. April geplante Veranstaltungen. Die Anmelder hätten sich
zuvor als unzuverlässig im Sinne des Versammlungsrechts erwiesen,
begründete Nopper die Entscheidung kurz und knapp. Ein von der
Landeshauptstadt in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten bestätige die
Entscheidung, teilte die Stadt am Sonntagabend mit. Der Jurist
Michael Kniesel aus Bonn komme in seiner Analyse zu dem Ergebnis,
dass ein Verbot der Versammlungen rechtswidrig gewesen wäre. Weiter
sei es richtig gewesen, die Versammlung auf dem Cannstatter Wasen
nicht aufzulösen.

Eine der beiden nun verbotenen Demonstrationen hatte eine Initiative
mit dem Namen «Es reicht uns» angemeldet. Sie hatte zuletzt am 13.
März in Stuttgart demonstriert. Damals hatte die Polizei die
Teilnehmer aufgefordert, die Auflagen einzuhalten. Daraufhin hatte
der Anmelder die Veranstaltung aufgelöst. Ebenfalls am 17. April
hatte sich eine Gruppe der Initiative «Querdenken» angemeldet. Hier
werden 300 Teilnehmer erwartet.

Das Landesamt für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg beobachtet
die «Querdenken»-Bewegung. Die Behörde ordnet mehrere Akteure dem
Milieu der «Reichsbürger» und «Selbstverwalter» zu, die unter and
erem
demokratische und rechtsstaatliche Strukturen negieren. Die
«Querdenken»-Bewegung weist diese Vorwürfe zurück.