15 Prozent haben Erstimpfung - aber mehr Corona-Intensivpatienten

Die Zahl der gegen Corona geimpften Menschen in Deutschland ist auf
über 15 Prozent gestiegen. Das bedeutet jedoch noch lange keine
Entspannung auf den Intensivstationen.

Berlin (dpa) - In Deutschland haben mehr als 15 Prozent der Menschen
eine Corona-Erstimpfung erhalten. Nach Daten des Robert
Koch-Instituts (RKI) waren am Wochenende 15,2 Prozent mindestens
einmal geimpft, das sind 12,7 Millionen Menschen. 5,9 Prozent (4,9
Millionen Menschen) hatten schon eine Zweitimpfung erhalten
(Datenstand jeweils 10.4., 8.00 Uhr). Zugleich sind die
Intensivmediziner besorgt.

Seit Mitte März steigt die Zahl der Covid-19-Patienten auf den
Intensivstationen an. Am Sonntag wurden dort 4585 Corona-Kranke
behandelt, wie die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für
Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) mitteilte. Das ist ein weiterer
Höchststand seit Beginn des derzeitigen Anstiegs Mitte März.

Derzeit geben laut Divi weniger als 400 von 1333 Intensivstationen
einen regulären Betrieb an, das bedeutet etwa, keine Operationen zu
verschieben oder keine Patienten auf andere Stationen verlegen zu
müssen. «Das entspricht heute schon wieder der Betriebssituation wie
auf dem absoluten Hochpunkt der zweiten Welle - und wir sind noch
lange nicht auf dem der dritten angekommen, die für die
Intensivstationen noch mindestens zwei Wochen rollen wird», sagte der
wissenschaftliche Leiter des Divi-Intensivregisters, Christian
Karagiannidis.

«Wir haben deutlich weniger betriebsbereite Betten als noch vor einem
Jahr. Das liegt vor allem am Pflegekräftemangel», erläuterte
Divi-Sprecherin Nina Meckel. «Die Intensivpflegekräfte sind nach
einem Jahr kompletter Dauerbelastung psychisch und physisch am Ende.»
Auf den Stationen kämen zudem noch Operationen hinzu, die zuvor
verschoben worden seien.

Auch die Berliner Charité betrachtet die Entwicklungen mit großer
Sorge. «Wenn die Anzahl schwer kranker Covid-Patienten die zweite
Welle übertrifft, kommen wir in eine kritische Situation», sagte
Martin Kreis, Vorstand für die Krankenversorgung in Deutschlands
größter Uniklinik. Die Zahl der Neuzugänge auf den Intensivstationen

der Charité sei in den vergangenen beiden Wochen deutlich gestiegen.
Besonders betroffen sei nun die Altersgruppe zwischen 30 und 60, die
bislang wenig Chancen auf Impfungen hatte.

Unterdessen wollen die Hersteller Pfizer und Biontech ihren
Corona-Impfstoff in den USA künftig auch bei Jugendlichen von 12 bis
15 Jahren einsetzen. Ein Antrag auf die Erweiterung der bestehenden
Notfallzulassung für den Impfstoff sei bei der US-Arzneimittelbehörde
(FDA) nach einer klinischen Studie in dieser Altersgruppe eingereicht
worden, erklärte der US-Pharmakonzern Pfizer am Freitagabend. Einen
ähnlichen Antrag möchten sie auch bei der europäischen
Arzneimittelbehörde EMA und anderen Zulassungsbehörden stellen.
Bislang ist der Impfstoff in der EU und den USA erst ab 16 Jahren
zugelassen. Die Hersteller haben auch eine klinische Studie für Babys
ab sechs Monaten und jüngere Kinder begonnen. US-Experten rechnen
aber nicht vor Anfang 2022 mit der Zulassung für diese Altersgruppe.

Im zeitlichen Zusammenhang der Impfung mit dem Produkt von
Astrazeneca meldete das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) am Freitagabend
42 Verdachtsfälle einer Sinusvenenthrombose. In 23 Fällen sei
zusätzlich eine Thrombozytopenie (Mangel an Blutplättchen) gemeldet
worden. Mit Ausnahme von sieben Fällen seien Frauen im Alter von 20
bis 63 Jahren betroffen gewesen. Allerdings seien Frauen auch
häufiger als Männer mit dem Produkt geimpft worden. Acht Betroffene
starben laut PEI, fünf Frauen und drei Männer. Für Frauen zwischen 20

und 59 Jahren seien deutlich mehr Fälle beobachtet worden, als
erwartbar gewesen sei. Inzwischen wird der Impfstoff in Deutschland
in der Regel nur noch für Menschen ab 60 Jahren verwendet.

Nach Aussagen des Greifswalder Forschers Andreas Greinacher gibt es
Belege, dass bei einigen Menschen eine enge Verbindung zwischen dem
Impfstoff und diesen Thrombosen besteht. Er macht bestimmte
Antikörper dafür verantwortlich. Trotz der seltenen Komplikationen
warb er für Impfungen: «Sie nicht zu impfen, wird für viel, viel mehr

Menschen das Risiko ernster Komplikationen mit sich bringen, als sie
zu impfen.» Die Geimpften sollten laut PEI etwa bei Kurzatmigkeit,
Brustschmerzen, Beinschwellungen oder anhaltenden Bauchschmerzen
sofort zum Arzt gehen. Das gelte auch bei schweren oder anhaltenden
Kopfschmerzen, verschwommenem Sehen oder punktförmigen Hautblutungen.