Pistorius gegen Kompetenzverlagerung nach Berlin - Ablenkungsmanöver

Berlin (dpa) - Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius hat
eindringlich vor der geplanten Änderung des Infektionsschutzgesetzes
und einer Kompetenzverschiebung zugunsten des Bundes in der Pandemie
gewarnt. «Fakt ist: Dort, wo der Bund die Befugnisse hatte, hat er
zum Teil kläglich versagt», sagte der SPD-Politiker der Tageszeitung
«Die Welt». Er nannte die Beschaffung von Impfstoff und
Schutzausrüstung - der Bund habe keine Expertise für
Krisenbewältigung oder Krisenkommunikation. «Deshalb wäre es auch
keine gute Idee, die Länder jetzt mitten in der Krise zu entmachten.
Das wäre ein großer Fehler.»

Gut an dem Plan sei, dass die Einigung letztlich im Einvernehmen
zwischen Bund und Ländern getroffen worden sei, sagte Pistorius. «Das
ist ein wichtiges politisches Signal. Ich stelle mir allerdings die
Frage, was dadurch in der Bekämpfung der Pandemie besser laufen
soll.» Eine bloße Vereinheitlichung blende die «Kollateralschäden,

die mit allen Corona-Regelungen immer einhergehen, vollständig aus».

Er mahnte, Bedingung jeglicher Änderung müsse ohnehin sein, die
Arbeitgeber zu verpflichten, allen Arbeitnehmern Testangebote zu
machen, die nicht im Homeoffice sitzen. Zudem müsse der Anteil
derjenigen, die von zu Hause aus arbeiten, deutlich steigen.

Zwar gebe es keine Ebene, die in der Pandemie nicht auch Fehler
gemacht habe. «Aber die Chuzpe der unionsgeführten Teile der
Bundesregierung, jetzt eine Zentralisierung der Kompetenzen zu
fordern und damit den Eindruck zu erwecken, wir stünden in dieser
Krise besser da, wenn das von Anfang an der Fall gewesen wäre - das
ist abenteuerlich und meines Erachtens hauptsächlich ein
Ablenkungsmanöver», sagte Pistorius.