Tauziehen um einheitliche Corona-Regeln - Heil plant Testpflicht

Die Zeit drängt. Die Corona-Zahlen steigen, schon am Dienstag will
das Kabinett die bundeseinheitliche Notbremse beschließen. Doch bevor
es soweit ist, müssen viele Wünsche unter einen Hut gebracht werden.
Ein SPD-Minister wittert seine Chance.

Berlin (dpa) - Das Ringen um bundesweit einheitliche Regelungen im
Kampf gegen die dritte Corona-Welle geht in eine entscheidende Phase.
Nachdem die Bundesregierung einen Vorschlag zur Änderung des
Infektionsschutzgesetzes vorgelegt hat, wird dieser nun mit den
Fraktionen im Bundestag und mit den Ländern abgestimmt. Der Bund will
die Neuregelung bereits am Dienstag im Kabinett beschließen. Es gibt
allerdings bereits eine ganze Reihe von Nachbesserungswünschen - auch
vom Koalitionspartner.

Die Spitze der SPD-Fraktion fordert zusätzliche Maßnahmen, neue
Hilfsprogramme und klare Öffnungsperspektiven. Das geht aus einem
Positionspapier des geschäftsführenden Fraktionsvorstands hervor, das
der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die dringend nötigen
Beschlüsse müssten parteiübergreifend und gemeinsam von Bundestag,
Bundesregierung und Bundesrat getroffen werden, heißt es darin. Es
dürfe dabei nicht um parteitaktische Manöver oder Profilierung
Einzelner gehen.

Konkret fordert die SPD-Fraktionsspitze etwa eine Testpflicht für
Unternehmen und Schulen: Firmen müssten Beschäftigten, die nicht im
Homeoffice arbeiten könnten, unabhängig von den Infektionszahlen
zweimal die Woche Corona-Tests anbieten. Auch in Schulen müsse
verpflichtend mindestens zweimal in der Woche getestet werden, in
Kitas solle dies ebenfalls kindgerecht angeboten werden.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat die Testpflicht für
Unternehmen bereits ins Auge gefasst: Er will sie schon an diesem
Dienstag im Kabinett durchsetzen - und zwar im Paket mit der Änderung
des Infektionsschutzgesetzes. «Alle müssen jetzt ihren Beitrag im
Kampf gegen Corona leisten, auch die Arbeitswelt», sagte Heil der
«Bild am Sonntag». «Ich will, dass wir das am Dienstag in der
Bundesregierung beschließen.»

Die Pläne des Bundesarbeitsministeriums sehen laut «Bild am Sonntag»

vor, dass alle Mitarbeiter, die nicht im Homeoffice sind, das Recht
auf einen Corona-Test pro Woche bekommen. Wer viel Kundenkontakt habe
oder mit Lebensmitteln arbeite, solle Anspruch auf zwei Tests pro
Woche haben. Die Union sieht eine solche Testpflicht bisher kritisch,
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) setzt auf Freiwilligkeit.

Bund und Länder hatten angesichts steigender Neuinfektionszahlen und
einer zunehmenden Belastung auf den Intensivstationen ein neues
Verfahren vereinbart. Maßnahmen für Regionen mit hohen
Infektionszahlen sollen gesetzlich festgehalten werden, die Details
wollte der Bund am Wochenende mit den Fraktionen und den Ländern
möglichst schon festzurren. Nach dem Kabinettsbeschluss soll der
Entwurf möglichst schnell in Bundestag und Bundesrat beraten werden.

In der Formulierungshilfe, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt,
schlägt der Bund mehrere Maßnahmen für Landkreise vor, in denen
binnen einer Woche eine Inzidenz von 100 Neuinfektionen pro 100 000
Einwohner oder mehr registriert wird - das sind aktuell mehr als die
Hälfte aller Landkreise in Deutschland.

Gestattet wären etwa nur noch private Treffen eines Haushaltes mit
einer weiteren Person und von insgesamt maximal fünf Personen; Kinder
zählen nicht mit. Vorgeschlagen werden zudem Ausgangsbeschränkungen
von 21.00 Uhr abends bis 5.00 Uhr morgens. Dabei soll es nur wenige
Ausnahmen geben, etwa für medizinische Notfälle oder den Weg zur
Arbeit, nicht aber für abendliche Spaziergänge alleine.

Der Deutsche Landkreistag verurteilte die Pläne scharf. «Der
vorliegende Entwurf ist ein in Gesetz gegossenes Misstrauensvotum
gegenüber Ländern und Kommunen», sagte Präsident Reinhard Sager den

Zeitungen der Funke-Mediengruppe. «Damit verlässt der Bund den Modus
gemeinsamer Krisenbekämpfung und will direkt vor Ort wirkende
Maßnahmen anordnen.» Damit würden zum Beispiel «verantwortbare
Modellversuche über einer Inzidenz von 100» praktisch unterbunden.