Online statt Präsenz: Hochschulen starten in drittes Corona-Semester

Die Mensa verwaist, im Audimax kein Mensch, auch die Bibliotheken
leer: Bayerns Hochschulen starten in ein weiteres Online-Semester.
Das klappt zwar inzwischen recht gut - dennoch wollen Professoren wie
Studenten zurück in die Hörsäle. Doch das wird dauern.

München (dpa/lby) - An Bayerns Hochschulen beginnt am Montag die
Vorlesungszeit, doch die Hörsäle werden wegen der Corona-Pandemie
leer bleiben. Es ist bereits das dritte Semester, in dem die
Studierenden den Worten der Lehrenden am heimischen Computer lauschen
und viele Kommilitonen nur aus Chatgruppen kennen. Auch wenn sich
vieles inzwischen eingespielt hat, sehnen die meisten
Präsenzveranstaltungen herbei. Als Möglichkeit stehen - analog zu den
Schulen - konsequente Corona-Tests im Raum. Doch entsprechende
Konzepte sind nicht in Sicht - und noch dazu mit Unsicherheiten
behaftet.

Wenn man auf das Konzept von Selbsttests blicke, stellten sich
mehrere Fragen, sagt der für die Lehre zuständige Vizepräsident der
Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), Oliver Jahraus. «Wo
kommen diese Tests her und wer bezahlt sie? Wie wird das ganze
organisiert? Lässt man das etwa in der Selbstverantwortung der
Studierenden, oder sollen das die Unis selbst durchführen? Und: Was
hätte man denn dann für das Sommersemester erreicht?»

Laut Jahraus könnte auch eine Selbstteststrategie aufgrund der
Fehlerquote nicht die Hygieneregeln außer Kraft setzen. Diese sind
es, die für den Wechsel zur Online-Lehre entscheidend sind. Ein
Beispiel: Im Audimax der LMU mit normalerweise 900 Plätzen können mit
Mindestabstand gerade einmal 77 Menschen untergebracht werden.

Auch die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg sieht in
Schnell- und Selbsttests aktuell keinen Mehrwert zum existierenden
Hygienekonzept für Präsenzveranstaltungen und Prüfungen. Der
Präsident der Technischen Universität München, Thomas Hofmann, hatte

hingegen in der «Süddeutschen Zeitung» vorgeschlagen, den
Studierenden mithilfe umfassender Selbsttests «eine spürbare
Einbindung in ein akademisches Umfeld» zu ermöglichen.

«Für ein solches Testkonzept müssten aber noch landesweit
Abstimmungen erfolgen und Rahmenbedingungen geschaffen werden (u.a.
rechtliche Bedingungen, Testverfügbarkeit, Finanzierung)», hieß es
von der Universität Augsburg. Nachdem die Vorlesungszeit in 14 Wochen
schon wieder vorbei ist und die geltende Infektionsschutzverordnung
den Hochschulen Präsenzveranstaltungen mit wenigen Ausnahmen sogar
explizit verbietet, ist eine Änderung während des Sommersemesters
daher unwahrscheinlich.

An der Hochschule für Musik und Theater München spielen die Tests ab
Montag hingegen eine entscheidende Rolle: Sie sollen auch Ensemble-,
Orchester- und Chorarbeit wieder in Präsenz ermöglich. Gerade
musische und künstlerische Ausbildungen sind besonders schwer auf
Distanz zu gestalten. Auch Pflege oder Physiotherapie sind daheim
schwierig zu erlernen, wie die Technische Hochschule Rosenheim
berichtet. Einige Lehrformate wie Laborarbeiten oder Sportpraxis
dürfen daher mit strengen Hygieneregeln stattfinden.

Doch die Ausnahmen reichen teils nicht aus, wie das Beispiel der
Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg zeigt.
«Klassenbesprechungen und die Arbeit in den künstlerischen
Werkstätten sind online nicht möglich beziehungsweise nur mit größt
en
Einbußen in der Qualität der Lehre», sagt Pressesprecherin Petra
Meyer. «Wenn man bedenkt, dass dies auf circa 80 Prozent der Lehre
zutrifft, macht sich die Dimension des Verlustes klar.»