Homeschooling für Schüler ab Montag - Kritik an «Ad-Hoc-Modus»

Nach den Osterferien ist nun doch Homeschooling angesagt - außer für
Abschlussjahrgänge. Und zur Notbetreuung dürfen Kinder in die Schulen
kommen. Kritiker fragen die Schulpolitik: Gut ein Jahr Pandemie - und
nichts gelernt?

Düsseldorf (dpa/lnw) - Mit Ausnahme der Abschlussklassen beginnt der
Unterricht nach den Osterferien am Montag wieder als Homeschooling.
Entgegen der Aussage vor den Ferien, möglichst weiter im
Wechselmodell aus Distanz- und Präsenzlernen zu bleiben, kehren die
meisten der 2,5 Millionen Schüler in NRW am Montag nicht in die
Klassenräume zurück. Das gilt zunächst für eine Woche, um
größtmögliche Sicherheit zu geben, wie Schulministerin Yvonne Gebauer

(FDP) am Donnerstag mitgeteilt hatte.

Nur für die Abschlussjahrgänge soll auch weiterhin Präsenzunterricht

stattfinden. Die Abiturprüfungen beginnen planmäßig am 23. April. An

der kurzfristig bekanntgegebenen Entscheidung und einem andauernden
politischen «Ad-Hoc-Modus» wurde am Freitag Kritik laut.

SPD-Landtagsfraktionsvize Jochen Ott sprach von einer nicht
nachvollziehbaren «plötzlichen Kehrtwende der Schulministerin». Es
dränge sich der Eindruck auf, dass die wahren Hintergründe
verschleiert werden sollten. Diese liegen «allem Anschein nach auch
in den mangelnden Vorbereitungen für die Testungen an den Schulen»,
wie Ott meinte. Die Regierung solle auf mobile Testteams an den
Schulen setzen und prüfen, ob die Untersuchungen nicht besser extern
in den gängigen Bürgerteststellen - wie Apotheken oder Teststationen
- erfolgen könnten.

Das Infektionsgeschehen sei nach Ostern diffus und noch schwer
einzuschätzen und erfordere eine Anpassung des Schulbetriebs, hatte
die Ministerin das Homeschooling begründet. Vom 19. April an solle
möglichst wieder der Wechselmodus kommen. Für den Präsenzbetrieb gebe

es ab Montag eine Testpflicht mit zwei Selbsttests pro Woche. Die
Pflicht gelte für Schüler, Lehrer und das weitere Schulpersonal. Im
Falle der Schüler bleibe Testort die Schule, so wie es vor den Ferien
angelaufen war.

«Schüler, die der Testpflicht nicht nachkommen, können nicht am
Präsenzunterricht teilnehmen.» Nur bei besonderem Förderbedarf seien

Selbsttests zu Hause unter elterlicher Aufsicht denkbar. Einer
Blitzumfrage des Ministeriums zufolge wollen bis zu 20 Prozent der
Schüler keine Selbsttests machen - das wären 500 000 Kinder und
Jugendliche in NRW. Die Auslieferung von mehreren Millionen
Selbsttests an die Schulen hatte laut Ministerium verspätet erst am
Donnerstag begonnen, das Problem liege beim Logistikunternehmen.

Offen blieb am Freitag zunächst, ob auch für Kinder in der
Notbetreuung - sie wird für die Klassen 1 bis 6 sichergestellt - eine
Testpflicht gilt. Das monierte auch die Kölner Grundschulleiterin
Cornelia Rathke im «Morgenecho» auf WDR 5. Ihre Schule habe auch noch
keine Selbsttests erhalten.

Der Philologen-Verband betonte, dass Schulleitungen, Lehrkräften und
Familien weiterhin eine klare Perspektive fehle, was zunehmend an den
Nerven zehre. «Nach über einem Jahr Pandemie müssen wir endlich aus
dem Ad-Hoc-Modus rauskommen», forderte die Landesvorsitzende Sabine
Mistler. Das Testkonzept überzeuge nicht: «Selbsttests sind nur dann
sinnvoll, wenn sie vor dem Betreten des Klassenraums durchgeführt
werden.»

Die Co-Vorsitzende der NRW-Grünen, Mona Neubaur, sagte, die
Kommunikation in der Pandemie laufe schlecht. Es müsse endlich offen
dargelegt werden, wie verlässliche Bildung und Betreuung der Kinder
sichergestellt werden könnten, verlangte sie im WDR. «Das muss besser
werden.»

«Ein Jahr Pandemie, ein Jahr fehlende Schulkonzepte», bilanzierte der
Verein «Initiative Familie». Von der versprochenen Priorität für
Kinder und Jugendliche sei nichts zu spüren, das Motto «Kitas und
Schulen zuerst» habe man schnell wieder fallen lassen. Es gebe noch
immer kein kinderfreundliches Testkonzept. Die Politik habe es in
einem Jahr nicht geschafft, die Schulen pandemiesicher zu machen,
kritisierte der Verein.