Weil fordert nachvollziehbare Entscheidungen der Politik

Hannover (dpa) - Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat
angesichts der Lockdown-Debatte nachvollziehbare und zuverlässige
Entscheidungen der Politik angemahnt. Nur so sei es möglich,
Vertrauen zurückzugewinnen, sagte der SPD-Politiker der «Neuen
Presse» (Freitag) in Hannover. «Vor allem der Beschluss zur
Osterruhe, der dann zurückgezogen wurde, hat viele Menschen
verunsichert und einen erheblichen Vertrauensschaden angerichtet. Da
hat die Politik noch etwas gutzumachen.»

Weil erklärte, solche Beschlüsse bräuchten mehr Zeit und vor allem
eine bessere Vorbereitung - «das sage ich durchaus auch
selbstkritisch». Dies zeichne sich aber mit Blick auf die nächste
Runde «gerade nicht ab - zu meinem großen Bedauern». Derzeit seien
die Infektionszahlen deutlich besser als zuvor angenommen. «Deswegen
habe ich auch Bedenken, die Bürgerinnen und Bürger jetzt mit einer
diffusen Lockdown-Debatte zu verunsichern.»

Kanzlerin Angela Merkel hatte den Ländern vor gut eineinhalb Wochen
vorgeworfen, trotz grassierender dritter Corona-Welle mit Lockerungen
zu experimentieren. Im Gespräch ist seither verstärkt eine Änderung
des Infektionsschutzgesetzes, etwa mit dem Ziel, die Notbremse in
Gebieten mit vielen Infektionen verpflichtend zu machen.

Weil machte klar, er halte viel davon, während der Pandemie besonders
eng zusammenzuarbeiten. «Aber die Vorbereitungen für die Runden sind
zu oberflächlich geworden», kritisierte der Ministerpräsident. «Wir

erleben jetzt seit Tagen eine Lockdown-Debatte, die Befürworter haben
aber bislang nichts Konkretes auf den Tisch gelegt. Was genau bitte
heißt «kurzer und harter Lockdown»? Auf dieser Basis kann man
schlecht diskutieren und schon gar nicht solche weitreichenden
Entscheidungen treffen.»

Der Ministerpräsident sagte auch, er sei zu einer Verschiebung der
Ministerpräsidentenkonferenz bereit. Noch stehe die Runde für Montag
in seinem Terminkalender, sagte er in der Sendung «Frühstart» bei
RTL/NTV. Alle Beteiligten müssten vorher wissen, dass ein Ergebnis
dabei herauskomme, mit dem sie gut leben könnten: «Davon sind wir,
glaube ich, derzeit noch ein kleines Stück entfernt.» Es sei
«wirklich ganz wichtig, dass solche Veranstaltungen ein anderes Ende
nehmen als beim letzten Mal».

Die Ministerpräsidenten und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten bei
ihrer jüngsten Videoschalte am 22. März beschlossen, im Licht der
Infektionsentwicklung am 12. April erneut zu beraten. Nach
Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Länderkreisen und
anderer Medien stand zuletzt eine Verschiebung der geplanten
Beratungen möglicherweise auf Mittwoch im Raum.