Trotz höherer Inzidenz: Rostocks OB will Pilotprojekt fortsetzen

Das Rostocker Pilotprojekt zur schrittweisen Lockerung von
Kontaktbeschränkungen sorgt für bundesweite Aufmerksamkeit. Doch die
Zahl der Neuinfektionen steigt.

Rostock (dpa) - Rostocks Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen
(parteilos) hat an die Landes- und Bundesregierung appelliert, trotz
steigender Infektionszahlen das Pilotprojekt zur Lockerung von
Kontaktbeschränkungen fortführen zu können. «Wir beobachten die
Zahlen. Bei allen Parametern liegen wir im Plan, wir haben keinen
Anlass zur Sorge», sagte Madsen der Deutschen Presse-Agentur. Im
Rahmen des Projekts waren etwa die Zulassung von 777 Zuschauern im
Ostseestadion beim Heimspiel von Hansa Rostock gegen den Halleschen
FC, eine Premiere im Volkstheater und Öffnungen im Einzelhandel
möglich.

Noch am 21. März hatte in Rostock die Sieben-Tage-Inzidenz bei 22,0
Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern gelegen, am Sonntag lag sie bei
76,5, am Donnerstag bei 63,1. Laut Robert Koch-Institut sind die
jüngsten Zahlen wegen der Feiertage aber noch nicht verlässlich.

Es gehe bei dem Projekt in erster Linie darum, Wissen zu generieren,
sagte Madsen. «Wir wollen als Antwort auf steigende Inzidenzzahlen
keinen Lockdown haben.» Er ging davon aus, dass ein neuerlicher
Lockdown nicht die notwendige Akzeptanz erreichen würde. Für Madsen
wäre die Auskunft des Gesundheitsamts, dass die Kontakte nach einer
Infektion häufig nicht mehr nachzuvollziehen seien, das Signal, über
eine Änderung nachzudenken. «Dann müssen wir gegensteuern.»

Es sei nun eine der zentralen Aufgaben festzustellen, wie viele
Rostocker derzeit tatsächlich getestet werden. Dabei gehe es vor
allem um die frei verfügbaren Schnelltests. «Es wäre interessant zu
erfahren, ob es gelingt, mit den Schnelltests mehr Menschen zu
ermitteln, die coronapositiv, gleichzeitig aber symptomfrei sind»,
sagte er. Bei positiven Schnelltests gebe es noch keine verfügbare
Datenbasis. «Dabei macht es einen Riesenunterschied, ob an einem Tag
100 oder 1000 Menschen getestet werden.»

Im Einzelhandel sei die Luca-App zur Nachverfolgung der Kontakte
eingeführt worden. «Die App ist ein Werkzeug für die Arbeit der
Gesundheitsämter.» Die Umsätze der Händler seien aber noch weit vom

«Vor-Corona-Niveau» entfernt. Auch von den Kliniken bekomme er die
Botschaft, dass nichts gegen die Fortsetzung das Projekt spreche.

Es sei bekannt, dass die Mehrzahl der Übertragungen im privaten
Bereich und damit in den Kitas und Schulen stattfinde, sagte Madsen.
Da Bildung eine vorrangige Aufgabe sei, könne das mit sehr häufigen
Testungen kompensiert werden. «Dazu brauchen wir einen hohen Grad der
Freiwilligkeit.» Würden dabei coronapositive Kinder und Jugendliche
entdeckt, könnte die weitere Übertragung in den Familien und deren
Umkreis verhindert werden.