Debatte über Testpflicht in Kitas - Gewerkschaft fordert Entscheidung

Während in den Schulen die Testpflicht und Fernunterricht organisiert
werden, stehen Erzieherinnen in den Kitas noch mit leeren Händen da.
Eine Testpflicht für Kinder, so wie es in Schulen geplant ist und im
Kreis Böblingen finanziert wird? Das wär's, sagen die Gewerkschaften.


Stuttgart (dpa/lsw) - An baden-württembergischen Kindertagesstätten
muss es nach Ansicht der Gewerkschaft Verdi eine Testpflicht nach dem
Vorbild der Schulen im Land geben. Es müssten umsetzbare und auch
verpflichtende Konzepte erstellt werden für die zweimalige Testung
von Kindern und Beschäftigten pro Woche, forderte der
Landesbezirksleiter der Gewerkschaft Verdi, Martin Gross, am
Donnerstag in Stuttgart. Allerdings dürften die Betreuerinnen und
Erzieher nicht zusätzlich belastet werden. Kitas bräuchten auch
ausreichende Test-Kits - und zwar kostenlos, forderte Verdi.

«Schule ist im Fokus, Schule ist Chefsache. Aber Kitas sind noch
völlig ungeregelt», sagte auch Gross' Stellvertreterin Hanna Binder.
Infektionsketten sind nach Einschätzung der Gewerkschaft aber nur
durch eine engmaschige und verpflichtende Teststrategie in den Griff
zu bekommen. «Und ohne dass verbindlich getestet wird, können wir
nicht so weiterwurschteln wie bisher», sagte Binder.

Auch müsse es ein Quarantänekonzept geben, das verbindlich regele,
wann nur eine Gruppe und wann eine ganze Kita geschlossen werden
müsse, fordert die Gewerkschaft in einem 13-Punkte-Katalog an die
Landesregierung. Es solle zudem Sicherheit darüber geben, bei welche
Coronabelastung der Stadt oder des Kreises Kitas ganz geschlossen und
Kitas mit Notbetreuung zu öffnen seien.

Einige Kommunen wie Böblingen und auch Mannheim sind bei der
Testpflicht bereits in Vorleistung gegangen. In der Quadratestadt
werden für alle Beschäftigten an Kitas und Schulen regelmäßig zwei

Tests pro Woche angeboten. Eltern können frei entscheiden, welchen
Test sie zu Hause mit ihrem Kind nutzen möchten. «Das ist ein sehr,
sehr großer Gewinn, weil die Tests das Leben in den Kitas
erleichtern», sagte Nadine Schunn, Erzieherin aus Mannheim. Sie würde
aber eine Pflicht zum Testen befürworten. «Wenn man eine
Gemeinschaftseinrichtung besucht, müssen auch alle zum Schutz
beitragen.»

Täglich stehe sie zwischen 8.00 Uhr und 9.00 Uhr am Eingang ihrer
Kita und nehme die Kinder in Empfang, spreche mit den Eltern und
informiere über neue Vorgaben, erzählt Schunn. Es sei aber wichtig,
dass die Beschäftigten nicht jeden Morgen am Kita-Tor neue Regeln
durchsetzen müssten, forderte Gross. «Pädagogische Fachkräfte sind

für die Kinder verantwortlich und keine Türsteher der sich ständig
ändernden Corona-Politik des Landes.» Nicht nur deshalb werde die
Stimmung in den Kitas zunehmend schlechter, auch der Fachkräftemangel
werde nach der Pandemie stärker. «Die Kolleginnen und Kollegen fühlen

sich in den Einrichtungen alleine gelassen», kritisierte Gross.

Rückendeckung erhält die Gewerkschaft vom baden-württembergischen
Gemeindetag: «Wir können den Wunsch nach Testungen in Kitas
nachvollziehen, stehen deshalb in engem Austausch mit dem Land und
hoffen auf eine kurzfristige Einigung», sagte dessen Präsident
Steffen Jäger der dpa. «Das Ziel sollte aus unserer Sicht ebenfalls
eine zweimalige Testung pro Woche sein.» Seien Tests flächendeckend
verfügbar, müsse auch «eine Testobliegenheit für den Besuch einer
Kita umgesetzt werden», sagte Jäger.

Die Landesregierung will dem Vernehmen nach am Donnerstag weitere
Entscheidungen zur Strategie in den Kitas bekanntgeben. Dabei könnte
es auch um eine Testpflicht oder ein Testangebot für Kinder gehen.

Zuvor hatten bereits die Eltern moniert, der Wechsel zum
Fernunterricht nach den Osterferien sorge bei den Eltern mit Kindern
in Kitas und Kindertagespflege für akute Verunsicherung. Sie
beobachteten mit Unruhe, dass sich die Landesregierung bisher noch
nicht zum Verfahren in den Kitas geäußert habe, teilte ein Sprecher
der Landeselternvertretung baden-württembergischer
Kindertageseinrichtungen (LEBK-BW) mit.

Die Elternvertreter sprechen sich grundsätzlich für offene Kitas aus
und verweisen dabei auch auf aktuelle Daten des Landesgesundheitsamt,
wonach vor allem Arbeitsstätten und der private Bereich für den
Großteil der Corona-Neuinfektionen verantwortlich seien.