Halle vorerst ohne OB - Wiegand wegen Impfaffäre vom Amt suspendiert

Wie geht es in Halle weiter? Der Oberbürgermeister der Saale-Stadt
ist im Zuge der Impfaffäre vom Amt suspendiert. Wer ihn in nächster
Zeit an der Verwaltungsspitze ersetzt, ist offen.

Halle (dpa/sa) - Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos)
darf nach einem Beschluss des Stadtrats vorerst nicht mehr sein Amt
ausüben. Grund ist die Affäre um seine vorzeitige Impfung gegen das
Coronavirus. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem OB und dem
Stadtrat sei gestört, hieß es zur Begründung. Wiegand habe dem
Stadtrat und der Öffentlichkeit nicht die Wahrheit gesagt. Unklar ist
noch, wer die Amtsgeschäfte des OB bis auf Weiteres übernehmen wird.

In einer Sondersitzung hatte die Mehrheit der Stadträte am Mittwoch
für eine Suspendierung Wiegands gestimmt, wie die
Stadtratsvorsitzenden Katja Müller (Linke) danach mitteilte. Er war
bei der Sitzung nicht anwesend. Wiegand gab laut Müller eine
schriftliche Erklärung ab, worin er die Vorwürfe gegen ihn erneut
zurückwies. Der Oberbürgermeister habe zudem ab Donnerstag Urlaub
eingereicht. Der Stadtratsbeschluss werde ihm zugestellt. Dazu könne
er Stellung nehmen und auch rechtlich dagegen vorgehen.

Nach der Sondersitzung des Stadtrates sagte die Vorsitzende der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Melanie Ranft: «Wir hoffen auf eine
gute Aufklärung des Impfskandals von Halle.» Auch wenn die Stadt
mitten in der Corona-Pandemie nun vorerst keinen Oberbürgermeister an
der Spitze habe, gebe es eine funktionierende Verwaltung.

Wiegand sowie Mitglieder des Katastrophenschutzstabes und einige
Stadträte hatten entgegen der Prioritätenliste des Bundes und den
Landes vorzeitig eine Impfung gegen das Coronavirus erhalten. Dies
kam erst Wochen später heraus. Der OB gab an, es habe an jenem Tag
der Impfung niemand anderes zur Verfügung gestanden. Der Impfstoff
wäre wegen begrenzter Haltbarkeit ansonsten im Müll gelandet.

Dem widersprechen laut Medienberichten bisherige Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der veruntreuenden
Unterschlagung von Impfstoff. Der CDU-Stadtrat und frühere
Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Christoph Bergner, sagte der
dpa, falls sich die Vorwürfe bestätigten, habe der Oberbürgermeister

seine Stellung als führender Verwaltungsbeamter ausgenutzt und
gesetzeswidrig gehandelt. Gegen Wiegand läuft zudem ein
Disziplinarverfahren beim Landesverwaltungsamt.