Stadtrat stimmt für Suspendierung von Halles OB wegen Impfaffäre

Halles Oberbürgermeister Wiegand soll seinen Hut nehmen und das
Rathaus verlassen. Er hatte sich impfen lassen, bevor er offiziell an
der Reihe war. Der Stadtrat hat ihm nun die Rote Karte gezeigt. Doch
dabei wird es wohl nicht bleiben.

Halle (dpa/sa) - Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos)
soll vom Dienst suspendiert werden. Das hat der Stadtrat am Mittwoch
in einer Sondersitzung beschlossen, wie die Vorsitzende Katja Müller
(Linke) im Anschluss mitteilte. Grund für das zeitweise Verbot seiner
Dienstgeschäfte ist die vorzeitige Impfung Wiegands gegen das
Corona-Virus und im Zusammenhang damit ein gestörtes
Vertrauensverhältnis.

Laut Müller stimmte eine deutliche Mehrheit von 34 der anwesenden 48
Stadträte für die Suspendierung. Es gab 13 Gegenstimmen und eine
Enthaltung. Die Impfaffäre von Halle hatte bundesweit für
Schlagzeilen gesorgt.

Zu dem gestörten Vertrauensverhältnis zwischen dem Stadtrat und dem
Oberbürgermeister sagte Müller, es gehe vor allem um die
Begleitumstände von Wiegands vorzeitiger Impfung. Nach Ansicht des
Stadtrates hat dieser vor dem Gremium die Unwahrheit gesagt. Er
selbst nahm an der Stadtratssitzung nicht teil. Er habe eine
schriftliche Erklärung abgegeben. Müller zufolge hat der
Oberbürgermeister für diesen Donnerstag bis zum Sonntag (11.4.)
Urlaub eingereicht.

Der OB hatte die Vorwürfe ebenso wie Rücktrittsforderungen
zurückgewiesen. Der Impfstoff sei übrig gewesen und wäre ansonsten im

Müll gelandet, argumentierte er. Wiegand bekommt den Angaben zufolge
den Stadtratsbeschluss in den nächsten Tagen zugestellt. Er könne
sich dazu äußern und auch rechtlich dagegen vorgehen, etwa vor dem
Verwaltungsgericht.

Wie Müller darlegte, hat der Stadtrat als Dienstherr dem OB die
Dienstgeschäfte auf unbestimmte Zeit verboten. Dieser hatte seine
vorzeitige Impfung im Januar erst Wochen später öffentlich gemacht.
Gegenüber dem Stadtrat und in der Öffentlichkeit verstrickte sich
Wiegand in Widersprüche, als es um die konkreten Umstände und
zeitlichen Abläufe der Impfung ging.

Unterdessen ermittelt die Staatsanwaltschaft Halle gegen ihn wegen
veruntreuender Unterschlagung von Impfdosen. Wegen der Impfaffäre ist
ein Disziplinarverfahren gegen den Oberbürgermeister beim
Landesverwaltungsamt anhängig. Nach der von Bund und Land
festgelegten Dringlichkeit der Berechtigten wäre Wiegand (64) im
Januar noch nicht an der Reihe gewesen, sich gegen das Coronavirus
impfen zu lassen.

Der OB gab an, niemand anderes von der Prioritätenliste hätte für
eine Impfung spontan zur Verfügung gestanden. Dem widersprechen laut
Medienberichten die bisherigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.
Zudem wurden auch Mitglieder des Katastrophenstabes der rund 240 000
Einwohner zählenden Stadt und Beigeordnete vorzeitig geimpft. Wiegand
soll laut den Ermittlungen Druck ausgeübt haben, diese Impfungen wie
auch seine eigene geheim zu halten. Wie sich herausstellte, wurden
mehrere Stadträte ebenfalls vorzeitig gegen das Virus geimpft. Einige
davon haben sich dafür öffentlich entschuldigt.