Hamburger Hausärzte impfen gegen Corona - 96-Jährige unter den Ersten

Die Impfungen gegen Corona werden nun auch von Hamburger Hausärzten
verabreicht. Welchen Vorteil das für Patienten hat, zeigt sich gleich
am ersten Tag: Eine längst impfberechtigte 96-Jährige schafft den Weg
in die vertraute Arztpraxis.

Hamburg (dpa/lno) - Die Hamburger Hausärzte haben am Mittwoch mit den
Corona-Impfungen in ihren Praxen begonnen. Als eine der ersten
Patientinnen bekam Gerda Breidenbach ihre Spritze in einer Praxis in
Hamburg-Volksdorf. Die 96-Jährige sei nicht mehr in der Lage, mit dem
Taxi ins Impfzentrum in den Messehallen zu fahren, sagte der
Allgemeinmediziner Björn Parey, der auch stellvertretender
Vorsitzender der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen
Vereinigung (KVHH) ist.

Schätzungsweise 20 000 Impfdosen sollten an die Praxen der 1200
Hamburger Hausärzte ausgeliefert werden. Die Lieferung sei am
Mittwoch vollständig eingetroffen, erklärte der Sprecher der
Gesundheitsbehörde, Martin Helfrich. Bundesweit wurden für diese
Woche 940 000 Dosen vom Hersteller Biontech/Pfizer erwartet. Die
Hausärzte sollen in den nächsten Wochen auch mit dem Impfstoff von
Astrazeneca beliefert werden. Trotz sehr seltener Fälle von
Hirnthrombosen empfahl die EU-Arzneimittelbehörde EMA uneingeschränkt
die Anwendung dieses Impfstoffes. Der Nutzen des Wirkstoffes sei
höher zu bewerten als die Risiken, erklärte die EMA am Mittwoch in
Amsterdam. In Hamburg sind nach Angaben der Kassenärztlichen
Vereinigung noch keine derartigen Komplikationen aufgetreten.

Der Vorstandsvorsitzende der KVHH, Walter Plassmann, hatte am
Dienstag an die Bürger appelliert, sich nicht von sich aus in den
Praxen zu melden. Die Ärzte würden ihre Patienten benachrichtigen.
Andernfalls drohten die Praxen lahmgelegt zu werden. Die
Impfpriorisierung sieht vor, dass derzeit hauptsächlich Menschen über
75 Jahre geimpft werden. Parey berichtete, die älteren Menschen seien
sehr impfwillig. Fast alle, die die Mitarbeiter seiner Praxis
angerufen hätten, seien sofort zum Impfen bereit gewesen. Breidenbach
erklärte, dass sie am liebsten zu ihrem Hausarzt gehe und keine Angst
vor der Impfung gehabt habe. «Ich bin ja schon einiges gewöhnt in
meinem hohen Alter», sagte die frühere Gerichtsdolmetscherin.

Nach Angaben der Gesundheitsbehörde haben in Hamburg bislang über
101 000 Menschen eine Zweitimpfung erhalten und verfügen damit über
den vollen Impfschutz. Zudem gelten 54 800 Infizierte als geheilt, so
dass 155 800 Hamburger eine Immunität aufweisen dürften. Bis Mitte
April sollen alle über 75-Jährigen zur Vereinbarung eines Impftermins
aufgefordert worden sein.

In den Hamburger Pflegeeinrichtungen gibt es nur noch wenige
Infizierte. Zurzeit seien in sieben Einrichtungen 14 Bewohner
betroffen. Außerdem seien 24 Beschäftigte von Pflegeeinrichtungen
positiv getestet worden, teilte die Behörde weiter mit.

Die CDU-Bürgerschaftsfraktion forderte, den Alltag in den Heimen zu
vereinfachen. Zumindest bei geimpften Bewohnern müsse nicht mehr
täglich die Temperatur gemessen und dokumentiert werden. Auch sollte
es einheitliche Vorgaben in Bezug auf Impfung und Schnelltests bei
externen Anbietern und Ehrenamtlichen geben, erklärte der
seniorenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Andreas Grutzeck.

Der Vorstand der Ärztekammer Hamburg begrüßte den Start der
Corona-Impfungen durch Hausärzte und forderte, die Mediziner
schneller mit Impfstoff zu versorgen, um die Kampagne zu
beschleunigen.

Die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro
100 000 Einwohner binnen sieben Tagen, sank am Mittwoch in Hamburg
deutlich von 149,6 auf 134,7. Eine Woche zuvor hatte der Wert 163,7
betragen. Die Zahl der in Hamburg an oder mit Corona gestorbenen
Menschen gab das Robert Koch-Institut unverändert mit 1398 an.

Nach RKI-Annahmen werden derzeit aufgrund von Urlaub und
geschlossenen Praxen gegebenenfalls noch etwas weniger Tests als vor
den Ferien durchgeführt, was sich auf die Fallzahlen auswirken kann.
Das RKI geht davon aus, dass die Testhäufigkeit erst nach den
Osterferien, also in den meisten Bundesländern nach dem kommenden
Wochenende, wieder auf einem mit den Vorwochen vergleichbaren Niveau
liegt.