Außengastronomie im Norden kann ab Montag öffnen

Im Norden darf die Außengastronomie ab Montag wieder Gäste bewirten -
ab dem Tag des nächsten Bund-Länder-Gipfels zur Corona-Lage. Die
Öffnung ist an strikte Vorgaben geknüpft. Deshalb sind noch nicht
alle Kreise dabei. Der Regierungschef nennt seinen Kurs konsequent.

Kiel (dpa/lno) - Trotz der Debatten über eine Verschärfung des
Corona-Lockdowns in Deutschland kann die Außengastronomie in
Schleswig-Holstein wie von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU)
angekündigt ab nächstem Montag öffnen. Dies habe die Landesregierung

bestätigt, teilte die Staatskanzlei am Mittwoch mit. Gekoppelt sei
dies an strenge Auflagen. Die Öffnungsmöglichkeit besteht in Kreisen
und kreisfreien Städten, in denen die Zahl der Corona-Neuinfektionen
pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen stabil unter 100 liegt.

Mit Stand Dienstagabend war das mit Ausnahme des Kreises Segeberg
(123,0) überall der Fall. Dieser Kreis darf also jetzt nicht öffnen.
Dort gelten auch in anderen Bereichen generell schärfere Regeln. Für
den Kreis Pinneberg und die Stadt Neumünster mit ebenfalls hohen
Zahlen soll die Entwicklung noch bis Freitag beobachtet werden. Auch
dort seien die Zahlen sehr nahe an 100, sagte Günther. Das Land
insgesamt hatte zuletzt den bundesweit niedrigsten Wert von 62,3.

Am Montag werden die Ministerpräsidenten der Länder mit Kanzlerin
Angela Merkel (CDU) über den weiteren Kurs in der Pandemie beraten.
Zuletzt waren verstärkt Forderungen nach einer Verschärfung des
aktuellen Lockdowns aufgekommen. Die Bundesregierung machte am
Mittwoch deutlich, dass sie ein erneutes deutliches Herunterfahren
des öffentlichen Lebens in Deutschland befürwortet. Die Zahl der
belegten Intensivbetten spreche eine sehr deutliche Sprache, sagte
Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer. «Deswegen ist auch jede
Forderung nach einem kurzen einheitlichen Lockdown richtig. Auch ein
gemeinsames bundeseinheitliches Vorgehen wäre hier wichtig.»

Kollegen reagierten sehr positiv auf Schleswig-Holsteins Schritt,
sagte Günther. Sein Land bewege sich genau im verabredeten Rahmen.
Auch die Kanzlerin sage, dass unter Inzidenzen von 100 Öffnungen in
den Ländern möglich seien. «Über 100 müssen wir auch über versc
härfte
Maßnahmen nachdenken.» Exakt diesen Weg gehe das Land konsequent. In
Kreisen mit niedrigen Zahlen seien Öffnungen absolut angebracht.

Die Bürger hätten Verständnis für harte Maßnahmen dort, wo die
Inzidenzwerte hoch sind, sagte Günther. Deswegen könne er solche
Forderungen aus Bayern mit dort dramatisch höheren Zahlen als im
Norden auch verstehen. «Aber es wäre ja ein Irrsinn, wenn, bloß weil

der bayerische Ministerpräsident in seinen Landkreisen riesig hohe
Zahlen hat, wir jetzt den Bürgerinnen und Bürgern im Kreis Plön
erklären sollen oder in Nordfriesland mit einer Inzidenz von 15, dass
auch hier jetzt harte Schritte ergriffen werden müssen.»

Der Zugang zur Außengastronomie richtet sich nach den aktuellen
Kontaktbeschränkungen. Demnach dürfen maximal fünf Personen aus zwei

Haushalten an einem Tisch sitzen. Kinder unter 14 Jahren zählen nicht
mit. Die Gastronomen müssen eine Kontaktnachverfolgung sicherstellen;
die Abstände müssen überall gewährleistet sein. Medizinische
Schutzmasken sind Pflicht, nur am Tisch dürfen Gäste sie abnehmen.
Vorherige Schnell- oder Selbsttests auf das Coronavirus sind für den
Besuch der Außengastronomie - dort darf auch Alkohol ausgeschenkt
werden - keine Pflicht, werden aber dringend empfohlen, wie
Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) sagte. Die entsprechende
Verordnung soll zum Wochenende veröffentlicht werden.

«Die Inzidenz in Schleswig-Holstein liegt seit knapp drei Monaten
unter 100, aktuell bei 62», sagte Günther. Das mache es möglich, das

Regelwerk konsequent anzuwenden, vorsichtige Öffnungen vorzunehmen
und der Gastronomie jetzt diese Perspektive zu bieten. «Unser Ziel
ist zudem, dass durch die dann möglichen Treffen unter strengen
Auflagen im Außenbereich die Zahl der Ansteckungen im privaten Umfeld
sinkt», sagte Günther. «Wir hatten diesen Öffnungsschritt ja immer

angekündigt für den 12. April.» Die Zahlen ließen dies auch zu.

Für den Einzelhandel bleiben die bisherigen Regelungen bestehen.
Demnach dürfen Kunden bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100 nur dann
in einem Geschäft einkaufen, wenn sie dafür einen Termin vereinbart
haben. Bei Werten über 100 können telefonisch oder per Internet
bestellte Waren abgeholt werden. In den Kreisen Nordfriesland, Plön,
Schleswig-Flensburg, Dithmarschen und Ostholstein ist der
Einzelhandel komplett geöffnet, weil die Inzidenz unter 50 liegt.

Die Jamaika-Koalition spreche in den nächsten Tagen darüber, was an
weiteren Schritten möglich sei, sagte Günther. «Da spielt natürlich

das Thema Testen eine große Rolle.»

Die Landesregierung gehe konsequent auf Grundlage ihres Stufenplans
so vor wie mehrfach angekündigt, sagte Wirtschaftsminister Buchholz.
Ausgenommen von Öffnungen seien Kreise und kreisfreie Städte, die die
100er Inzidenz überschreiten oder Gefahr laufen, dies zu tun. Die ab
19. April geplanten Modellprojekte für Öffnungen hätten nur dort eine

Chance, wo die Inzidenz deutlich unter 100 liegt.

Die Regelungen für Kitas, Krippen und Horte bleiben bestehen.
Ausnahme ist Flensburg, wo der eingeschränkte Regelbetrieb wieder
aufgenommen wird. Alle Regelungen gelten vom Montag bis Sonntag
nächster Woche. In den Schulen sind in dieser Zeit noch Ferien.