Nach Corona-Protesten: Verfassungsschutz beobachtet Ex-Polizisten

Seit Mitte März hat in Bayern der Verfassungsschutz einen genaueren
Blick auf die sogenannte «Querdenker»-Szene. Nun ist ein Ex-Polizist
ins Visier geraten. Die Deutsche Polizeigewerkschaft in Bayern
fordert für den Mann disziplinarrechtliche Konsequenzen.

München (dpa/lby) - Ein Ex-Polizist ist im Zusammenhang mit
Aktivitäten gegen staatliche Corona-Maßnahmen ins Visier des
Verfassungsschutzes geraten. Der Beamte im Ruhestand werde dem
sogenannten Sammel-Beobachtungsobjekt «sicherheitsgefährdende
demokratiefeindliche Bestrebungen» zugeordnet, sagte ein Sprecher der
Behörde am Mittwoch. Der Bayerische Rundfunk hatte zuerst darüber
berichtet.

Die Gefahr, die von der beobachteten Personengruppe ausgehe, bestehe
darin, dass sie die Demokratie und demokratische Institutionen in
aggressiver Weise angehe und deren Repräsentanten bekämpfe.

Der ehemalige Beamte soll zum Umfeld der «Querdenker»-Bewegung
gehören und bei Demonstrationen auch Polizisten zum Widerstand
aufgerufen haben.

Das allein begründe keine nachrichtendienstliche Beobachtung, betonte
der Behördensprecher. Der ehemalige Polizist versuche jedoch mit
seinem Aktivismus, eine systematische Störung der Funktionsfähigkeit
des Staates herbeizuführen, indem er ein angebliches Widerstandsrecht
proklamiert.

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte am 17. März im
Innenausschusses das «Sammel-Beobachtungsobjekt» vorgestellt. Es
betrifft demnach Einzelpersonen und Personenzusammenschlüsse aus dem
Umfeld von Corona-Leugnern und Kritikern staatlicher Maßnahmen, die
zu gewaltsamen Aktionen gegen staatliche Einrichtungen, die
staatliche Infrastruktur oder staatliche Repräsentanten aufrufen oder
sich an solchen Aktionen beteiligen, mit denen die Funktionsfähigkeit
des Staates erheblich beeinträchtigt werden solle.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) in Bayern sieht im Fall des
Ex-Polizisten nun die Disziplinarbehörde und in der Folge
wahrscheinlich auch die Verwaltungsgerichte in der Pflicht. Es
müssten schnelle und juristisch tragfähige disziplinarrechtliche
Konsequenzen folgen, damit solche Menschen nicht mehr sagen können,
dass sie pensionierte Polizeibeamte seien.

Es bestehe die Möglichkeit, dass der Mann seine Pensionsansprüche
verliere. «Er ist auch als pensionierter Beamter der Verfassung
verpflichtet», sagte der bayerische DPolG Landesvorsitzende Jürgen
Köhnlein der dpa. Der Fall sei bei der am Polizeipräsidium München
angesiedelten Disziplinarbehörde anhängig.

Wenn jemand versuche, mit seinem Aktivismus die Funktionsfähigkeit
des Staates systematisch zu stören und politische Agitation betreibe,
müsse reagiert werden, sagte Köhnlein weiter dem BR. «Auch
Aufforderungen bei Demonstrationen an eingesetzte Polizeikräfte, sie
sollen ihre Masken abnehmen, sind ein Unding.» Damit würden die
ohnehin sehr heiklen Einsätze bei Demos weiter erschwert.

Das Polizeipräsidium München teilte auf Anfrage mit, im Zusammenhang
mit der «Querdenker»-Bewegung seien gegen einen pensionierten
Polizeibeamten mehrere Anzeigen gefertigt worden; zudem sei ein
Disziplinarverfahren anhängig.