Rund 850 Arztpraxen impfen im Regelbetrieb - Corona-Impfstoff knapp

Insbesondere im Flächenland Brandenburg können Corona-Impfungen in
Arztpraxen den Schutz der Bürger deutlich beschleunigen - denn in
vielen Regionen ist der Weg zum nächsten Impfzentrum weit. Doch der
begehrte Stoff ist noch knapp.

Potsdam (dpa/bb) - In rund 850 Brandenburger Arztpraxen haben die
Impfungen gegen das Coronavirus im Regelbetrieb begonnen. «Unser Ziel
ist es, möglichst vielen Menschen den Corona-Impfstoff möglichst
leicht zugänglich zu machen», sagte Gesundheitsministerin Ursula
Nonnemacher (Grüne) am Mittwoch zum Start der Kampagne. Neben den
Impfzentren, den mobilen Teams und den kommunalen Impfstellen gebe es
nun mit den Arztpraxen eine weitere wichtige Säule für das Impfen.
«Nicht nur die kurzen Wege sind für eine hohe Impfbereitschaft von
großem Vorteil», betonte Nonnemacher. «Die Ärztinnen und Ärzte ke
nnen
ihre Patientinnen und Patienten auch am besten.»

Nach Angaben des Ministeriums erhalten die Praxen in dieser Woche aus
Beständen des Bundes allerdings nur maximal 36 Impfdosen. Bereits
seit Anfang März können 217 Praxen zudem im Rahmen eines
Modellprojekts Impfstoff über das Land beziehen.

Voraussichtlich bis Ende April oder Anfang Mai sei die an die Praxen
gelieferte Menge Impfstoff noch zu gering, sagte der Vorsitzende der
Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB), Peter Noack, der
Deutschen Presse-Agentur. Daher würden die meisten Praxen derzeit die
Patienten entsprechend der festgelegten Reihenfolge aus der Kartei
heraussuchen und auf eine Impfung ansprechen.

«Wenn dann ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht, werden sich
sicher mehr als die 2200 Praxen im Land beteiligen, die nach unseren
Unterlagen bislang regelmäßig impfen», meinte Noack. Dann könnten
auch Patienten bei ihren Ärzten nach Impfungen fragen. So habe er von
Orthopäden und anderen Fachärzten, die sonst nicht impften, gehört,
dass sie sich beteiligen wollten. Als Beispiel nannte Noack auch
seine eigene chirurgische Praxis. «Ich habe dort bislang nur
Tetanusimpfungen aufgefrischt», sagt der KVBB-Chef. «Die
Corona-Impfungen werde ich aber auch anbieten.»

Noack forderte als Konsequenz, die Impfzentren herunterzufahren,
sobald genügend Impfstoff für die Ärzte zur Verfügung stehe. «Wen
n
das Impfen in den Praxen in der Breite funktioniert, wird sich diese
Frage für den teuren Betrieb der Impfzentren stellen», meinte er.

Der Chef des Brandenburger Hartmannbundes, Hanjo Pohle, forderte am
Mittwoch ein sofortiges Herunterfahren der Impfzentren zu Gunsten der
Praxen. «Dass Impfungen in den Arztpraxen der schnellste Weg zur
Immunisierung der Bevölkerung sind, hatten wir bereits mehrfach
dargelegt», sagte Pohle. Darum sei es unverständlich, dass Praxen
derzeit mit durchschnittlich 26 Impfdosen pro Woche abgespeist
würden, obwohl sie mindestens 100 Impfungen durchführen könnten.
«Daher appelliere ich eindringlich an die Landesregierung in Potsdam,
das sofortige Auslaufen sämtlicher Impfzentren in die Wege zu leiten,
die für die Praxen vorgesehenen Impfstoffmengen unverzüglich zu
erhöhen und letzteren auch die Wahl des Vakzins freizustellen.»

Denn die Diskussionen um Nebenwirkungen des Impfstoffs von
Astrazeneca hätten zu einer großen Verunsicherung bei der dafür
vorgesehenen Patientengruppe über 60 Jahren geführt, betonte Pohle.
«In der Konsequenz sind langwierige Gespräche mit den Patientinnen
und Patienten zu erwarten, was nicht ohne Folge für das Impftempo
bleiben würde», befürchtete er. «Die Vertragsärzte werden hier mi
t
einem Problem konfrontiert, das sie nicht zu verantworten haben.»

Nach Angaben des Innenministeriums soll Brandenburg im April rund 67
000 Impfstoffdosen pro Woche erhalten, davon rund 50 000 von
Biontech/Pfizer. Die restlichen Mengen verteilen sich auf Moderna und
Astrazeneca. Arztpraxen sollen nach Angaben des Ministeriums in den
April-Wochen 29 000, 36 000, 30 000 und 95 000 Impfstoffdosen
erhalten.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums haben 357 347 Menschen im
Land eine erste Corona-Schutzimpfung erhalten, 112 420 wurden bereits
zum zweiten Mal geimpft. Insgesamt wurden nach Angaben des
Impflogistik-Stabes 469 767 Impfungen verabreicht. Das sind 13 606
Impfungen mehr als am Dienstag. Im bundesweiten Vergleich liegt
Brandenburg damit bei Erstimpfungen im guten Mittelfeld, bei den
Zweitimpfungen dagegen weiter hinten.