Tschechien ersetzt in Pandemie erneut Gesundheitsminister

Das tschechische Gesundheitsministerium kommt nicht zur Ruhe - und
das mitten in der Corona-Pandemie. Nun ist der Streit um den
russischen Impfstoff Sputnik V eskaliert. Die Opposition spricht von
einem Bauernopfer vor der Parlamentswahl in sechs Monaten.

Prag (dpa) - Der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis hat
bereits zum dritten Mal seit Beginn der Corona-Pandemie den
Gesundheitsminister ausgewechselt. Er sei abberufen worden, gab der
bisherige Amtsinhaber Jan Blatny am Mittwoch auf einer
Pressekonferenz bekannt. Als neuer Minister wurde kurz darauf der
Krankenhausmanager Petr Arenberger vereidigt.

Hintergrund dürfte ein Streit um eine mögliche Notfallzulassung des
russischen Impfstoffs Sputnik V sein. Blatny hatte eine Entscheidung
der EU-Behörden abwarten wollen. Präsident Milos Zeman warf ihm bei
der Ernennung des Nachfolgers vor, mit seiner Blockadehaltung für den
Tod von Menschen mitverantwortlich zu sein. Der 76-Jährige sprach
sich für den Einsatz «so vieler effektiver Impfstoffe wie möglich»

aus, gleich ob aus China oder Russland.

Arenberger hatte sich in der Vergangenheit aufgeschlossen für einen
Einsatz des russischen Vakzins gezeigt. «Ich weiß von einer Reihe von
Patienten, die auf Sputnik warten», sagte er in einem
Zeitungsinterview. Der 62 Jahre alte Arzt und Hochschulprofessor
leitete bisher das Uniklinium Prag-Vinohrady.

Nach Ansicht der Opposition dient Blatny nur als Sündenbock für die
Fehler der Regierung. In Tschechien finden in sechs Monaten
Parlamentswahlen statt. Nach einer aktuellen Umfrage des
Meinungsforschungsinstituts Median würde die populistische ANO des
Regierungschefs Babis mit 24,5 Prozent der Stimmen nur noch auf dem
zweiten Platz landen. Sieger wäre das Bündnis aus Piratenpartei und
Bürgermeisterpartei STAN mit 27,5 Prozent.

Das Land mit seinen 10,7 Millionen Einwohnern ist hart von der
Corona-Pandemie getroffen worden. Seit Beginn der Pandemie gab es
mehr als 1,5 Millionen bestätigte Infektionen und 27 329 Todesfälle.
Innerhalb von sieben Tagen steckten sich nach aktuellen Zahlen knapp
300 Menschen je 100 000 Einwohner an. In Deutschland liegt die
Sieben-Tage-Inzidenz bei 110,1.

Die Regierung des ANO-Gründers und Multimilliardärs Babis gerät
derzeit auch an einer anderen Front unter Druck. Das
Nachrichtenportal Seznamzpravy.cz veröffentlicht nach und nach
mutmaßliche Tagebuchaufzeichnungen des ANO-Fraktionschefs Jaroslav
Faltynek. Dabei gehe es etwa um «Geschäfte, öffentliche Aufträge od
er
Lobbying für Subventionen», hieß es dort. Faltnyek bestritt
gleichwohl im Sender CT, etwas Unrechtmäßiges getan zu haben.