Ungewissheit über neue Regierung nach Wahl in Bulgarien

Sofia (dpa) - In Bulgarien herrscht zwei Tage nach der Parlamentswahl
Ungewissheit über die Bildung einer neuen Regierung. Neuwahlen werden
nicht ausgeschlossen. «Höchstwahrscheinlich bewegen wir uns hin zu
baldigen Neuwahlen», sagte der Mitvorsitzende der Protestkoalition
Demokratisches Bulgarien (DB), Hristo Iwanow, am Dienstag im privaten
TV-Sender bTV. So funktioniere die Demokratie, fügte er hinzu.

Iwanow lehnte ein Angebot von Ministerpräsident Boiko Borissow an die
Parteien ab, eine gemeinsame, zeitlich bis Dezember begrenzte
Regierung aus Experten zu bilden, um die Corona-Krise zu bewältigen.
Borissows pro-europäische bürgerliche GERB gewann die Wahl am Sonntag
mit 26 Prozent, verfehlte aber klar die absolute Mehrheit.

Der bisherige Juniorpartner in Borissows Koalitionsregierung, die
nationalistische WMRO, konnte mit 3,6 Prozent die Vier-Prozent-Hürde
für das Parlament nicht überwinden. Die Bildung einer neuen Regierung
dürfte für Borissow problematisch werden.

Insgesamt sechs teils zerstrittene Parteien werden in das neu
gewählte Parlament einziehen. Klare Mehrheiten zeichnen sich nicht
ab. Das von Borissow in der Nacht nach der Wahl angebotene
Expertenkabinett lehnten neben DB (9,4 Prozent) auch die
oppositionellen Sozialisten (15 Prozent) sowie die Protestparteien
«Es gibt so ein Volk» (17,6 Prozent) des TV-Moderators und
Kabarettisten Slawi Trifonow und «Richte dich auf! Mafiosi raus!»
(4,7 Prozent) ab.

Die politischen Gegner Borissows haben bereits vor der Wahl eine
Koalition mit der GERB ausgeschlossen, weil sie seiner
Koalitionsregierung Korruption und Nähe zu Oligarchen vorwerfen. Da
Borissows GERB-Partei stärkste politische Kraft ist, muss
Staatspräsident Rumen Radew laut Verfassung sie mit der
Regierungsbildung beauftragen. Eine neue Parlamentswahl könnte auch
parallel zur Präsidentenwahl im Herbst stattfinden.