Diskussion um Corona-Inzidenzen in Vorpommern-Greifswald

Die Sieben-Tage-Inzidenz ist bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie
maßgeblich. In Vorpommern-Greifswald gibt es Zweifel an den
berichteten Zahlen.

Greifswald (dpa/mv) - Abweichungen bei den für Vorpommern-Greifswald
gemeldeten Corona-Inzidenzen sorgen weiter für Diskussion. Der
Landrat bleibe weiterhin eine Erklärung schuldig, erklärte am Montag
Harald Terpe, Spitzenkandidat der Grünen für die kommende
Landtagswahl. «Landrat Sack muss umgehend den gefährlichen
Meldeverzug korrigieren. Das ist jetzt die wichtigste Aufgabe, um die
Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.»

Laut Grünen kommt es seit Mitte Februar im Landkreis zu erheblichen
Meldeverzügen. Sie hatten vergangene Woche mitgeteilt, dass sie
deswegen verschiedene Landesministerien um die Überprüfung einer
möglichen Dienstpflichtverletzung von Michael Sack, dem
CDU-Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl, gebeten hätten. Sie sehen
Versäumnisse beim Pandemieschutz in Folge falscher Zahlen. Medien
hatten berichtet.

Ein Vergleich der tagesaktuellen Berichte des Landesamtes für
Gesundheit und Soziales (Lagus) mit der Datenbank des Robert
Koch-Instituts (RKI) für Vorpommern-Greifswald zeigt deutliche
Abweichungen bei den Corona-Inzidenzen. In der Datenbank des RKI
werden auch nachträglich für ein bestimmtes Meldedatum übermittelte
Fälle berücksichtigt. Auf Basis dieser Daten ergibt sich
beispielsweise für den 25. März eine Sieben-Tage-Inzidenz von über
200. Das Lagus meldete an dem Tag 118.

Der Wert gibt an, wie viele Menschen sich nachweislich je 100 000
Einwohner binnen einer Woche mit dem Coronavirus infiziert haben und
ist maßgeblich für zahlreiche Corona-Maßnahmen.

Auch in anderen Landkreisen in Mecklenburg-Vorpommern gibt es
Abweichungen. Allerdings fallen diese im betrachteten Zeitraum
weitaus geringer und nicht derart dauerhaft aus. Eine mögliche
Erklärung für die Abweichung ist, dass Vorpommern-Greifswald
vergleichsweise viele Fälle erst mit einigem Verzug an das Lagus
meldet. Diese Nachmeldungen wirken sich dann je nach Verzögerung
geringer oder sogar gar nicht mehr auf die aktuell berichtete
Sieben-Tage-Inzidenz aus.

Die Grünen sehen einen möglichen Zusammenhang mit veränderten
Zuständigkeiten bei der Kontaktnachverfolgung im Landkreis. So seien
die Führungsebene ausgetauscht und die Kontaktnachverfolgung direkt
unterhalb des Landrates aufgehängt worden. Danach sei es zu den
Verzögerungen gekommen.

Sack erklärte am Dienstag auf Anfrage: «Wem sollte es nützen,
vorsätzlich falsche Zahlen in Umlauf zu bringen und so in der Krise
das Vertrauen der Bevölkerung zu verspielen.» Als Erklärung verwies
er auf unterschiedliche Software auf Landes- und Kreisebene,
Übermittlungszeitpunkte sowie etwaige Verzögerungen bei
Spitzenlasten. Öffentlich geäußerte Vorwürfe enthielten «Elemente
der
üblen Nachrede». Man prüfe rechtliche Schritte. Einer Prüfung durch

das Gesundheitsministerium sehe er als Chance. «Ich sehe ihr mit
großer Gelassenheit entgegen.»

Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) hatte vergangene Woche erklärt,
die Hintergründe aufzuarbeiten. Er rechne mit einer plausiblen
Antwort. Das Lagus ist nach eigener Aussage vom Ministerium gebeten
worden, mit den Meldebehörden im Landkreis Kontakt aufzunehmen und
den Sachverhalt aufzuklären. Es wolle diesen Auftrag in den kommenden
Tagen erfüllen und das Ministerium entsprechend informieren.