Heftige Kritik an Laschets «Brücken-Lockdown» - auch von der FDP

CDU-Chef Laschet macht Druck für einen «Brücken-Lockdown». Dafür

erntet er viel Hohn und Spott. Selbst die in NRW mitregierende FDP
reagiert ungewohnt heftig.

Düsseldorf/Berlin (dpa) - Für seinen Vorschlag, die Corona-Gefahren
mit einem «Brücken-Lockdown» einzudämmen, erntet Ministerpräsiden
t
Armin Laschet (CDU) auch in Nordrhein-Westfalen harsche Reaktionen.
Laschet versuche offensichtlich, «mit der Wortneuschöpfung eines
Brücken-Lockdowns das bisherige planlose Handeln der Regierung zu
kaschieren», kritisierte die Fraktionschefin der Grünen im
Düsseldorfer Landtag, Josefine Paul, am Dienstag. «Dass der
Ministerpräsident ein ganzes Wochenende nachdenken musste, um nun
einen «Brücken-Lockdown» zu fordern, ist nur noch absurd.»

Ungewohnt heftig reagierte auch die FDP, mit der Laschets CDU in NRW
regiert. «Wir fragen uns, auf welcher wissenschaftlichen Grundlage
Herr Laschet es eigentlich jetzt für notwendig erachtet, einen
kompletten, pauschalen Lockdown in unserem Land einzuleiten», sagte
FDP-Bundesparteichef Christian Lindner in Berlin. Im Gegenteil müsse
über die begonnenen Modellprojekte besser verstanden werden, wo und
wie Infektionen stattfinden. Ausgerechnet diese einzustellen sei
falsch. «Das kann kein guter Rat sein.»

Im ZDF-Morgenmagazin erläuterte Laschet, er denke an einen Lockdown,
der «zwei bis drei Wochen» dauern sollte. Jetzt sei absehbar, «dass
schon in ganz kurzer Zeit 20 Prozent, danach 30, 40 Prozent der
deutschen Bevölkerung geimpft ist», sagte der CDU-Bundesvorsitzende.

Nach offiziellen Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) hatten bis
Anfang April aber erst 11,5 Prozent der deutschen Bevölkerung eine
erste Corona-Schutzimpfung erhalten - nur rund fünf Prozent bereits
zwei Impfungen.

Wissenschaftler würden nun empfehlen, diese Zeit zu überbrücken und
das öffentliche Leben bis dahin zu reduzieren, begründete Laschet
seinen überraschenden Vorstoß. Zwar wiesen die Neuinfektionsraten
derzeit eine sinkende Tendenz auf - möglicherweise wegen
eingeschränkter Meldungen an den Ostertagen - allerdings seien die
Intensivstationen stärker mit Covid-19-Patienten belegt. Jetzt gehe
es darum, «genau in diesem letzten Stück der Pandemie noch einmal
herunterzugehen».

Diese Chance hätte schon in den Osterferien genutzt werden sollen,
wandte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung
Westfalen-Lippe, Dirk Spelmeyer, ein. Er würde sich einen Lockdown
«knackig und hart» wünschen, sagte der Ärztefunktionär am Diensta
g im
«Morgenecho» von WDR 5.

Laschet hatte am Ostermontag auch dafür geworben, die eigentlich erst
für nächsten Montag geplante Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) schon

auf diese Woche vorzuziehen, um über eine Verschärfung der
Corona-Regeln zu beraten. «Wir halten das für aktionistisch»,
kommentierte FDP-Chef Lindner den Vorstoß.

Die Spitze der Grünen-Landtagsfraktion riet Laschet, lieber die
bisherigen MPK-Beschlüsse zur Notbremse bei hohen Neuinfektionsraten
umsetzen. «Wir erwarten von Ministerpräsident Laschet, dass er das
Parlament noch in dieser Woche vollständig über seine Pläne für NRW

und das nächste Bund-Länder-Treffen unterrichtet.»

Auch SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty forderte Laschet auf, «einen
Weg raus aus seinem Brücken-Lockdown» zu weisen. Beim Impfstoff gebe
es immer noch ein deutliches Missverhältnis zwischen Angebot und
Nachfrage. Im Ergebnis dürfte Laschets Brücken-Lockdown kaum etwas
Anderes sein als die bereits beschlossene Notbremse, meinte der
Oppositionsführer im Landtag. «Weniger Rhetorik, mehr konsequenteres
Handeln wäre gut.»

Laschet warnte im Moma davor, die Corona-Frage mit Parteipolitik zu
verquicken. «Die ist viel zu ernst für diese Spielchen.» Neben dem
bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Markus Söder gilt der
CDU-Vorsitzende als aussichtsreichster Kandidat auf die
Kanzlerkandidatur.

Es bleibe dabei, dass er und Söder ihren Parteipräsidien bis
Pfingsten einen Vorschlag zur Kanzlerkandidatur vorlegen würden,
bekräftigte Laschet. Auf die Frage, was dabei den Ausschlag geben
werde, antwortete er: «Wir werden nach dem Kriterium entscheiden, wer
in ganz Deutschland die größten Aussichten hat, die Wahl zu
gewinnen.» Er habe ja bereits erste Vorschläge für ein Wahlprogramm
vorgelegt, sagte der Bundesparteichef. «Wer da zum Programm passt,
mit dem CDU/CSU in diese Wahl hinein gehen, der wird dann auch der
Kandidat werden.»

In der Netzgemeinde wurde am Dienstag viel Spott über Laschet und
seinen «Brücken-Lockdown» ausgekübelt. Einige Tweets zeigten
einstürzende Brücken, Brücken, die ins Nichts führen oder Menschen,

die von Brücken springen. Großer Beliebtheit erfreute sich auch die
Satire-Schlagzeile: «Schwerer Unfall zu Ostern. 60-Jähriger beim
Nachdenken verletzt.»