«Was heißt das alles?» - Laschets Corona-Vorstoß stößt auf Skep sis

Bayern und Baden-Württemberg dringen schon lange auf strengere
Corona-Regeln, die Kanzlerin auch. Jetzt dreht auch Laschet bei: Der
NRW-Regierungschef fordert ein schnelles Bund-Länder-Treffen, um
einen «Brücken-Lockdown» zu schließen. Doch was ist damit gemeint?


Berlin (dpa) - Die Forderung des nordrhein-westfälischen
Ministerpräsidenten Armin Laschet nach einem schnellen und harten
«Brücken-Lockdown» in Deutschland hat ein geteiltes Echo ausgelöst.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) lehnte den
Vorschlag Laschets ab, schon diese Woche auf einer vorgezogenen
Ministerpräsidentenkonferenz über eine Verschärfung der Corona-Regeln

zu beraten. Dazu seien noch zu viele Fragen offen. Andere Länder
signalisierten zwar grundsätzlich Bereitschaft zu einem schnellen
Treffen, verlangten aber, vorher müsse ein Konzept auf dem Tisch
liegen, das alle mittragen wollten.

Laschet hatte am Ostermontag überraschend vorgeschlagen, im Kampf
gegen die dritte Corona-Welle einen «Brücken-Lockdown» zu
beschließen. Damit solle die Zeit überbrückt werden, bis viele
Menschen geimpft seien. Die Lage erfordere es, «dass wir noch mal in
vielen Bereichen nachlegen», sagte der CDU-Vorsitzende. Er sei sich
bei seiner Einschätzung der Lage mit vielen Länderchefs, Kanzlerin
Angela Merkel und Gesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) einig.
Die für den 12. April geplante Runde von Merkel und den
Ministerpräsidenten will er deshalb auf die kommenden Tage vorziehen.

Im Kreis seiner Länderkollegen löste Laschets Vorstoß Erstaunen aus.

Der Vorschlag werfe viele Fragen auf, sagte Müller dem
ARD-Hauptstadtstudio. «Ein Brücken-Lockdown für eine Übergangszeit

und dann mit welchen Maßnahmen? Und das soll so lange gelten, bis
viele Menschen geimpft sind. Was heißt das alles?» Er glaube, da
seien viele Überlegungen bei Laschet noch nicht abgeschlossen, sagte
Müller, zurzeit auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz
(MPK). Insofern mache eine vorzeitige MPK jetzt auch keinen Sinn.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow sagte dem «Spiegel», man

könne gerne jederzeit zusammenkommen. «Aber da muss auch vorher was
auf dem Tisch liegen, was wir dann auch wirklich gemeinsam
beschließen und vor allem auch alle umsetzen», betonte der
Linken-Politiker. «Die aktuellen Wortmeldungen sind wieder Stückwerk
und von Hektik geprägt.» Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier
(CDU) zeigte sich bereit, das Bund-Länder-Treffen vorzuziehen, es
müsse dann aber als Präsenzveranstaltung stattfinden. «Ziel muss eine

Verständigung der Länder sein», sagte er dem Redaktionsnetzwerk
Deutschland (RND/Dienstag).

Bayern ist laut CSU-Generalsekretär Markus Blume nur dann für ein
Vorziehen der Gespräche, wenn alle Bundesländer grundsätzlich zu
einer Verschärfung der Corona-Regeln bereit sind. Blume sagte am
Montagabend im Politik-Talk «Die richtigen Fragen» auf «Bild live»:

«Eine neue MPK bringt ja nichts, wenn danach wieder jeder Seins
macht. Deshalb ist ganz entscheidend, dass die Bereitschaft der
Länder da ist zu weitergehenden Maßnahmen.»

Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach äußerte sich skeptisch:
Solange sich einzelne Bundesländer gegen Ausgangsbeschränkungen
sperrten, nutze auch ein neues Treffen nichts, sagte er bei «Bild
live». FDP-Vize Wolfgang Kubicki bezeichnete Laschets Vorstoß als
«Verzweiflungstat». Die Menschen sollten noch stärker eingeschränkt

werden, «um das Scheitern der Impfstrategie der CDU-geführten
Bundesregierung zu überdecken», sagte er den Zeitungen der Funke
Mediengruppe (Dienstag). Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen
sagte der «Rheinischen Post» (Dienstag): «Ein neuer Name bedeutet
noch lange kein konsequentes Handeln.»

Die Ministerpräsidenten von Bayern und Baden-Württemberg, Markus
Söder (CSU) und Winfried Kretschmann (Grüne), hatten schon vergangene
Woche in einem gemeinsamen Brief an ihre Kollegen eine strikte
Anti-Corona-Politik mit einer konsequenten Umsetzung der Notbremse in
Hotspots gefordert, auch mit nächtlichen Ausgangsbeschränkungen.
Härtere Maßnahmen fordert auch Merkel. Bisher war der Ruf jedoch
vielerorts ungehört verhallt - auch in CDU-geführten Bundesländern.

Das Saarland will an diesem Dienstag trotz steigender
Infektionszahlen sogar mit einem Ausstieg aus dem Lockdown beginnen.
Viele Einrichtungen und Häusern dürfen wieder öffnen, neben der
Außengastronomie zählen auch Kinos, Theater, Konzerthäuser,
Fitnessstudios und Tennishallen dazu. Wer das Angebot nutzen möchte,
braucht in der Regel einen negativen Corona-Schnelltest, der nicht
älter als 24 Stunden sein darf.

Damit geht erstmals ein ganzes Bundesland als Corona-Modellprojekt an
den Start. «Es muss uns nach einem Jahr Pandemie mehr einfallen als
nur zu schließen und zu beschränken», hatte Saarlands
Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) gesagt. Merkel bezeichnete die
Ankündigung als «sehr gewagt». Am Ostermontag wurde für das Saarlan
d
eine Inzidenz von 91,3 gemeldet.