Zehn Millionen einmal geimpft - Priorisierung bei Hausärzten strittig

Während Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Osterwochenende
hervorhebt, wie viele Menschen bereits gegen Corona geimpft sind,
beginnt in Teilen Deutschlands der Ansturm auf den Impfstoff
Astrazeneca. Kippt die Impfpriorisierung?

Berlin (dpa) - Nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn
sind über zwölf Prozent der Menschen in Deutschland mindestens einmal

gegen das Coronavirus geimpft worden. Das seien mehr als zehn
Millionen Bürgerinnen und Bürger, twitterte der CDU-Politiker am
Samstag. 4,3 Millionen Menschen haben demnach bereits die zweite
Impfung erhalten. Allein am Freitag wurden nach Angaben des Robert
Koch-Instituts und des Gesundheitsministeriums rund 217 000 Dosen
geimpft. Bisher wurden Spahn zufolge knapp 10,7 Millionen Dosen des
Pfizer/Biontech-Impfstoffs verabreicht, 0,7 Millionen Dosen von
Moderna und 2,9 Millionen Dosen Astrazeneca.

Der Hausärzteverband rät dazu, nach dem breiten Start der
Corona-Impfungen in den Praxen die Priorisierung beim Impfen mit
steigenden Liefermengen an Impfstoff in den Hintergrund treten zu
lassen. In der Woche nach Ostern starten rund 35 000 Hausärzte auf
breiter Front mit den Impfungen gegen das Coronavirus. «Die
Priorisierung war und ist eine gute Leitlinie für die Ärztinnen und
Ärzte, solange der Impfstoff noch in geringen Mengen verfügbar ist»,

sagte Verbandschef Ulrich Weigeldt der Düsseldorfer «Rheinischen
Post» (Samstag). «Allerdings werden wir bald nicht mehr so sehr auf
Zahlen, sondern zunehmend auf die Gesundheit der Menschen schauen
müssen», fügte Weigeldt hinzu. «Ein Mann von 69 Jahren mit Hyperton
us
und Diabetes sollte vielleicht eher die Impfung erhalten als eine
72-jährige Triathletin.» Wenn die Impfstoffmenge ein bestimmtes Maß
überschritten habe, müsse die Priorität sein, «den zugelassenen
Impfstoff schnellstmöglich allen, die können und wollen, zu impfen.»


Patientenschützer erheben dagegen Einspruch: «Für das Impfangebot der

Hausärzte gilt weiterhin die ethisch festgelegte Reihenfolge. Eine
Abkehr wird im April nicht möglich sein, da Vakzine weiterhin knapp
sind», sagte der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Patientenschutz,
Eugen Brysch.

In Nordrhein-Westfalen hat der Ansturm auf die Impf-Termine für
Astrazeneca für die über 60-Jährigen schon am frühen Samstagmorgen
zu
überlasteten Leitungen am Telefon und im Internet geführt. Während
viele sich vergeblich die Finger wund wählten, kamen die ersten
erfolgreichen Termin-Jäger hingegen schon am selben Tag an ihre
Impfung.

Um die dritte Corona-Welle zu brechen, werde derzeit überlegt, ob und
wie der Bund einheitliche Vorgaben zur Eindämmung von Corona machen
solle, falls das Vorgehen der Länder nicht ausreiche, sagte ein
Regierungssprecher der dpa. «Die Länder haben das ganze
Instrumentarium zur Verfügung, und wir beobachten, dass in vielen
Ländern jetzt auch zusätzliche Maßnahmen umgesetzt werden», hieß
es.
Zuvor hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet.

Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem Robert Koch-Institut
(RKI) binnen eines Tages 18 129 Corona-Neuinfektionen. Zudem wurden
innerhalb von 24 Stunden 120 neue Todesfälle verzeichnet. Das geht
aus Zahlen des RKI vom Samstag hervor. Vor genau einer Woche hatte
das RKI binnen eines Tages 20 472 Neuinfektionen und 157 neue
Todesfälle verzeichnet. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten
Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) lag laut
RKI am Samstagmorgen bundesweit bei 131,4 - und damit etwas niedriger
als am Vortag (134,0). Das RKI weist darauf hin, dass an den
Osterfeiertagen meist weniger Tests gemacht und gemeldet werden.
Zudem könne es sein, dass nicht alle Gesundheitsämter und zuständigen

Landesbehörden an allen Tagen Zahlen an das RKI übermitteln.