Frankreichs Regierung wegen Corona-Krisenmanagement unter Druck

Frankreich verschärft ab Ostern wieder die Corona-Beschränkungen. Im
Parlament bekommt Regierungschef Castex Gegenwind. Auch das Verhalten
Deutschlands wird kritisiert.

Paris (dpa) - Angesichts verschärfter Corona-Beschränkungen gerät
Frankreichs Mitte-Regierung im Parlament unter Druck. Prominente
Parlamentarier beider Kammern kritisierten am Donnerstag das
Krisenmanagement von Staatschef Emmanuel Macron und Regierungschef
Jean Castex. So monierte der Linksaußenpolitiker Jean-Luc Mélenchon,
dass Macron allein in der Krise entscheide.

Wegen der dritten Pandemiewelle werden von Ostern an viele Läden vier
Wochen lang nicht öffnen können. Schulen bleiben zudem für mindestens

drei Wochen geschlossen.

Auch der große Nachbar Deutschland gerät wegen seiner Grenzpolitik in
die Kritik. «Ein Jahr nach Beginn dieser Krise verstehen sich Paris
und Berlin immer noch nicht und sprechen immer noch nicht dieselbe
Sprache», bemängelte der Co-Vorsitzende der Deutsch-Französischen
Parlamentarischen Versammlung, Christophe Arend, in einem offenen
Brief in der Zeitung «Le Monde» (Samstag). «Frankreich und
Deutschland laufen Gefahr, die Europäische Union zu «töten», da sie

nicht in der Lage sind, mit gutem Beispiel voranzugehen», warnte
Arend, der Abgeordneter für Macrons Partei LREM ist.

Deutschland hatte zuletzt ganz Frankreich als Hochinzidenzgebiet
eingestuft und somit die Einreiseregeln verschärft. Für Grenzpendler
hat diese Einstufung schwerwiegende Folgen, es gilt eine verschärfte
Testpflicht bei der Einreise.

Regierungschef Castex verteidigte am Donnerstag in der
Nationalversammlung - dies ist das Unterhaus des Parlaments - den
Krisenkurs. «Die dritte Welle ist da und trifft uns hart», sagte er.
«Wir sind nicht dafür da, Ihre aufeinanderfolgenden Misserfolge
anzuerkennen», entgegnete der Fraktionschef der konservativen
Republikaner, Damien Abad. Beide Häuser des Parlaments billigten
mehrheitlich Castex' Erklärung - viele Abgeordnete der Opposition
nahmen jedoch aus Protest nicht an den Abstimmungen teil. Die Voten
sind für die Regierung ohnehin nicht bindend.

Die Menschen dürfen sich landesweit auch tagsüber nicht weiter als
zehn Kilometer von ihrer Wohnung fortbewegen. Im Vergleich zu den
Restriktionen im vergangenen Jahr sind die neuen Maßnahmen deutlich
weniger strikt. Die Regierung vermeidet den Ausdruck «confinement» -
er ist am ehesten mit «Lockdown» zu übersetzen. Weiter gilt
landesweit eine abendliche Ausgangssperre nach 19.00 Uhr.

Castex sagte, dass Frankreich seine Schulen lange offengehalten habe.
«Innerhalb eines Jahres waren sie in Frankreich weniger als 10 Wochen
geschlossen, gegenüber 24 in Deutschland, 26 in Großbritannien und 32
in Italien.» Für Macron ist die Verschärfung ein Rückschlag. Der
Präsident pochte lange darauf, dass die Schulen unbedingt geöffnet
bleiben sollen. «Wir haben Fehler gemacht», gestand Macron in seiner
TV-Ansprache am Mittwochabend ein.

Frankreich ist stark von der Pandemie betroffen. Die Zahl der
Corona-Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche lag
landesweit zuletzt bei rund 379. In dem Land mit rund 67 Millionen
Einwohnern starben bisher rund 96 000 Menschen im Zusammenhang mit
dem Virus.