Tadel aus Frankreich: Berlin und Paris stehen in Krise nicht zusammen

Paris (dpa) - In Frankreich reißt die Kritik an Deutschlands
Grenzpolitik in der Covid-19-Pandemie nicht ab. «Ein Jahr nach Beginn
dieser Krise verstehen sich Paris und Berlin immer noch nicht und
sprechen immer noch nicht dieselbe Sprache», schreibt der
Co-Vorsitzende der Deutsch-Französischen Parlamentarischen
Versammlung, Christophe Arend, in einem offenen Brief in der Zeitung
«Le Monde» am Freitag. Die Menschen, die dort lebten, seien Opfer von
Grabenkämpfen. «Frankreich und Deutschland laufen Gefahr, die
Europäische Union zu «töten», da sie nicht in der Lage sind, mit
gutem Beispiel voranzugehen«, so Arend.

Deutschland hatte zuletzt ganz Frankreich als Hochinzidenzgebiet
eingestuft und somit die Einreiseregeln verschärft. Zuvor hatte
Berlin bereits das an Deutschland grenzende Département Moselle als
Virusvariantengebiet eingestuft. Für Grenzpendler hat diese
Einstufung schwerwiegende Folgen, es gilt eine verschärfte
Testpflicht bei der Einreise. Die Bundespolizei kontrolliert diese
nach früheren Angaben stichprobenartig im Grenzgebiet. In Frankreich
war der Ärger über diese Entscheidung riesig.

Arend ist Abgeordneter aus Moselle für die Partei von Frankreichs
Präsident Emmanuel Macron, La République en Marche, in Paris. Er
moniert, dass in Deutschland weniger Corona-Tests als in Frankreich
gemacht würden und auch die Teststrategie der beiden Partner nicht
einheitlich sei. In Frankreich sind etwa PCR-Tests anders als in
Deutschland auch für Menschen ohne Covid-19-Symptome in der Regel
kostenlos und problemlos machbar. In Frankreich sind zuletzt mehr als
drei Millionen Corona-Tests pro Woche gezählt worden, die für
Berechnung der Fallzahlen genutzt werden. In Deutschland ist die Zahl
deutlich niedriger.

Arend schreibt, dass Deutschlands Nachbarländer vor den Ankündigungen
des Robert Koch-Instituts zittern würden. Der Umgang mit ihnen könne
als Zeichen «mangelnden Vertrauens» gewertet werden. Eigentlich
sollte, so Arend, Europa in der Krise auf eine gemeinschaftliche
Gesundheitspolitik setzen. Stattdessen würden Deutschland und
Frankreich in unterschiedliche Richtungen schauen.