Deutsche Urlauber schwärmen von Ruhe und Normalität auf Mallorca Von Ralf Petzold und Jan-Uwe Ronneburger, dpa

Zehntausende Deutsche zieht es über Ostern nach Mallorca. Die Insel
im Mittelmeer lockt mit Sonne, blauem Himmel - und vor allem
niedrigen Corona-Zahlen. Nur abends könnten Zweifel aufkommen.

Palma (dpa) - Ein Hubschrauber fliegt langsam den Strand an der Playa
de Palma entlang. Vielleicht kontrolliert er, dass auch an diesem
angenehmen Frühlingsabend kurz vor Ostern die Menschen am Meer die
Abstandsregeln einhalten. «Schon in den vergangenen Tagen hat sich
die Polizei vermehrt an der Uferpromenade blicken lassen», erzählt
Kevin Kirchheim. Der 27-Jährige aus Velbert in Nordrhein-Westfalen
blickt entspannt in die Abendsonne. «Es ist traumhaft», schwärmt er.


Trotz aller Appelle der Bundesregierung, auf das Reisen angesichts
hoher Corona-Zahlen zu verzichten, werden Branchenschätzungen zufolge
über Ostern rund 40 000 Deutsche ihren Urlaub auf Mallorca
verbringen. 54 deutsche Urlaubsflieger landeten allein am
Gründonnerstag in Palma, vergangenes Wochenende waren es 129.

Neben Sonne und Erholung suchen die Touristen vor allem die einfachen
Dinge, die im Alltag in Deutschland fehlen. «Einfach mal wieder
ausgiebig Shoppen gehen», sagt eine deutsche Rentnerin aus Dortmund.

Kevin Kirchheim fühlt sich sichtbar wohl. «Ich bin in der
Reisebranche tätig und daher beruflich wie privat viel unterwegs.»
Seine Leidenschaft ist nicht nur das Urlaubsziel, sondern auch der
Weg dorthin. «Mir gefällt das Fliegen. Ich bin früher schon hin und
zurück nach New York geflogen, nur um im Flieger sitzen zu dürfen.»
Nach Monaten daheim nun wieder im Hotel zu schlafen, ist für ihn ein
Highlight.

Der Schlagerfan ist auch nicht das erste Mal auf der Insel. «Mit dem
Ballermann habe ich aber nichts am Hut. Ich mag die Partyurlauber
nicht. Es ist ideal für mich, dass es gerade so leer und ruhig ist.»
Aber die Uferpromenade ist dann doch ganz gut gefüllt mit Joggern und
Spaziergängern. An den Feiertagen mischen sich auch Mallorquiner
unter die deutschen Urlauber an der Playa de Palma. Einige mutige
Kinder wagen sich bei einer Wassertemperatur von 15 Grad sogar schon
ins Meer.

«Bis 17.00 Uhr herrscht auf Mallorca völlige Normalität», sagt
Kirchheim. Die Geschäfte sind geöffnet, in Bars und Restaurants wird
im Außenbereich Essen serviert, und an die Masken hat sich
mittlerweile schon jeder gewöhnt. «Bis gestern war noch eine Bekannte
da. Nun vertreibe ich mir die Zeit alleine, gehe spazieren und schaue
mir die Insel an.» In Palmas Kathedrale sei man derzeit fast allein.

Nur die Gestaltung des Abends ist schwierig, weil Bars und
Restaurants ab 17.00 Uhr schließen müssen. Es bleibt ein frühes
Abendessen im Hotel, ein letzter Blick auf das Meer und dann ab aufs
Zimmer. Ab 22.00 Uhr gilt eine Ausgangssperre. «Die Getränke der
Hotelbar darf man mit aufs Zimmer nehmen. Ansonsten bleibt der
Fernseher als Zeitvertreib», sagt Kirchheim.

Aber Ärger und Empörung in der Heimat über die Mallorca-Reisenden
gehen auch an manchen Urlaubern nicht spurlos vorüber. Einige haben
daheim lieber niemandem erzählt, wohin es über Ostern geht.

Eine Frau aus Nordrhein-Westfalen berichtete von Anfeindungen vor der
Reise. «Wir wurden regelrecht angegiftet. Eine Freundin hat uns
vorgeworfen, wie wir denn ausgerechnet jetzt Urlaub machen könnten.
Wir sollten das Virus ja auf der Insel lassen. Dabei sehen die
Inzidenzzahlen hier wesentlich besser aus. Ich fühle mich auf
Mallorca wesentlich sicherer als in Deutschland.»

Auch auf der Insel ist man sich des Risikos bewusst. Bloß nicht die
Sommersaison gefährden, lautet die Devise. Derzeit liegt die
Sieben-Tage-Inzidenz auf Mallorca bei einem Wert leicht über 30 und
damit auf relativ niedrigem Niveau. Aber alle wissen, dass sich das
auch ganz schnell ändern kann.

Kirchheim macht sich darüber keine Sorgen. «In Deutschland rennen die
Leute in den überfüllten Supermarkt. Wenn ich mich hier umgucke,
frage ich mich, wo ich mich anstecken soll.» Dass es dennoch nicht
ganz auszuschließen ist, haben zwei andere deutsche Urlauber
erfahren, die nach einem positiven Test in einem Quarantäne-Hotel
sitzen. Jetzt dürfen sie weder nach Hause noch an den Strand.

Auch Kirchheim muss sich vor der Rückreise noch testen lassen. Nach
der am Dienstag von Deutschland für alle aus dem Ausland ankommenden
Flugreisenden angeordneten Testpflicht gab es einen Ansturm auf
einige Kliniken. Am Testzentrum am Flughafen sind bis über Ostern
hinaus schon alle Termine vergeben. Auch vor Privatkliniken standen
sich Deutsche zum Teil stundenlang die Beine in den Bauch.

Der Mann aus der Reisebranche hat es besser getroffen: «Bei mir
bietet das Hotel den Service an. Ich habe direkt am Morgen vor der
Abreise einen Termin bekommen», freut sich Kirchheim.