Stiko rät Astrazeneca-Geimpften zu anderem Impfstoff für zweite Dosis

Was machen unter 60-Jährige, die bereits einmal mit dem
Astrazeneca-Vakzin geimpft worden sind und nun auf ihre Zweitimpfung
warten? Möglichst einen anderen Impfstoff nehmen, empfiehlt die
Ständige Impfkommission.

Berlin (dpa) - Mit einer ersten Astrazeneca-Dosis geimpfte Menschen
unter 60 Jahren sollen nach einer Empfehlung der Ständigen
Impfkommission (Stiko) für die zweite Impfung auf ein anderes
Präparat umsteigen. Das steht in einem am Donnerstag veröffentlichten
Beschlussentwurf der Stiko.

Wörtlich heißt es mit Blick auf die betroffene Gruppe: «Für diese
Personen wird empfohlen, anstelle der zweiten Astrazeneca-Impfdosis
eine Dosis eines mRNA-Impfstoffs 12 Wochen nach der Erstimpfung zu
verabreichen. Hintergrund hierfür ist, dass der von einer einmaligen
Astrazeneca-Impfung ausgelöste Schutz nach 12 Wochen abzunehmen
beginnt.» In Deutschland sind momentan die mRNA-Impfstoffe von
Biontech/Pfizer und Moderna zugelassen.

Die Empfehlung dürfte zahlreiche Menschen in Deutschland betreffen.
Nach Zahlen des Robert Koch-Instituts haben mit Stand Donnerstag 2,85
Millionen Personen eine Erstimpfung mit dem Astrazeneca-Präparat
erhalten, ein zweites Mal geimpft wurden lediglich knapp 2000
Menschen. Allerdings sind hier auch die über 60 Jahre alten Geimpften
eingerechnet - für sie gilt die Empfehlung für eine Zweitimpfung mit
einem anderen Vakzin nicht.

Der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens sagte dem «Spiegel» in einem am
Donnerstagabend veröffentlichten Interview, über das Risiko bei
zweimaliger Impfung mit dem Astrazeneca-Mittel könne man derzeit nur
spekulieren - da bislang nur sehr wenige Menschen bereits beide
Spritzen erhalten hätten. «Der naheliegende Ausweg ist aus meiner
Sicht, es gar nicht zu probieren, sondern zur Sicherheit eben als
Alternative einen RNA-Impfstoff zu geben.»

Bei mRNA-Impfstoffen handelt es sich um eine völlig neue Art von
Vakzinen, die im Zuge der Corona-Pandemie erstmals für die Anwendung
bei Menschen zugelassen wurden. Die sogenannte Boten-RNA (engl:
messenger ribonucleic acid, mRNA) in Impfstoffen liefert einen Teil
der Erbinformation des Virus in die menschlichen Zellen, um eine
Abwehrreaktion des Körpers hervorzurufen und ihn so gegen eine
spätere Infektion zu wappnen.

Mit Blick auf eine Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff sagte
Mertens: «Tierexperimentelle Daten zeigen, dass die Immunreaktion
nach heterologer (zweiter) Impfung gleich ausfällt. Man muss noch
wissenschaftlich klären, wie gut der Schutz dann beim Menschen ist.
Ich hoffe, dass dazu bald Daten vorliegen.»

Bund und Länder waren am Dienstag einer Empfehlung der Stiko gefolgt,
das Astrazeneca-Mittel in der Regel nur noch Menschen über 60
verabreichen zu lassen. Grund dafür waren 31 gemeldete Verdachtsfälle
einer Hirnvenenthrombose. Davon verliefen neun Fälle tödlich.
Experten vermuten, dass das sehr geringe Risiko nur junge Menschen
betrifft.